“Kampf dem Wolf, dem sich ganz Europa unterwirft. Wir unterwerfen uns nicht. Wir werden die Tore der Hölle für ihn aufmachen.” Die Revolte kam 1809 von der Kanzel. Tirol gegen Napoleon. David gegen Goliath. Andreas Hofer war ein Rebell wider Willen – den Anspruch auf Führerschaft erhob er jedenfalls nie. Und am Ende war er, der Analphabet und militärische Laie, der Dumme in einem politischen Machtspiel. 14 bewegte Monate aus dem blutrünstigen Europa Napoleons erzählen Autor Felix Mitterer und Xaver Schwarzenberger im aufwendigen Historiendrama “Andreas Hofer – Die Freiheit des Adlers”.
Hofer war zwar kurzzeitig Regent und Oberkommandant von ganz Tirol, doch der Drahtzieher und fanatische Kopf des ersten europäischen Guerillakampfs der Geschichte war der Kapuzinerpater Joachim Haspinger. Mit dem Kruzifix zog er zu Felde. Gegen ihn kam der kaisertreue und naiv gottgläubige Hofer nicht an. Er will nach einem Jahr voller Schlachten Kampf endlich Frieden, doch Haspinger träumt noch immer vom “Heiligen Land Tirol”. Also geht der Kampf weiter. Der brave Tiroler Weinhändler wird hingerichtet, der wütende Pater kann entkommen. Melancholie gegen Hass – Tobias Moretti und Franz Xaver Kroetz bringen die Stimmungslagen des Tiroler Freiheitskampfs filmgerecht auf den Punkt.
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Was für das Spiel gilt, gilt auch für die Optik. In den von Regisseur und Kameramann Xaver Schwarzenberger historisch stimmigen und sehr sinnlich nachgestalteten Bildern herrscht bei den Schlachszenen mit über 1000 Statisten dramatische Wucht, während das bäurische Leben in Tirol eher in düstere Genre-Motivik getaucht wird. Steif und ungelenk wirken dagegen die Szenen bei Hofe. Die “Bauerntölpel” kommen stimmiger daher als der Adel. Günther Maria Halmer, Heio von Stetten und “Napoleon” Gustav Peter Wöhler in Uniform – das riecht nach Kostümverleih. Da können dann selbst Felix Mitterers Dialoge nicht immer etwas retten. Auch der erdige Tiroler Dialekt, den Moretti, Julia Stemberger und Gregor Bloéb bestens beherrschen, wirkt authentischer als das Parlieren bei Hofe.
Durchweg überzeugend an “Andreas Hofer – Die Freiheit des Adlers” ist die Ausstattung. Gedreht wurde viel an Originalschauplätzen wie der Innsbrucker Hofburg oder im Schloss Schönbrunn. Auch die Innenstadt von Innsbruck wurde als Drehort genutzt. Hier fanden etliche Schlachtenszenen statt. Dafür wurden die Fassaden mit Zwischenwänden, die mit historischen Motiven bemalt und bedruckt wurden, in den Zustand von 1809 zurückversetzt.
Interessant, wie Mitterer eine Schneise zum 11. September schlägt. “Unsere Geschichte vom Freiheitskampf der Tiroler wurde plötzlich durch die Jahrhunderte ins Heute katapultiert.” Der Fanatiker Haspinger quasi als Urahne von Bin Laden. “Die Engel wollen Blut sehen, dann sind sie auf unserer Seite, dann schlagen wir mit ihrer Hilfe der ganzen Welt aufs Haupt”, hetzt der Kapuzinerpater im Film. Für den Tiroler Autor gilt heute wie gestern: “Wir, die sogenannten Aufgeklärten, sind selbst schuld am Fundamentalismus, wir bringen ihn selbst hervor.” (Text-Stand: 28.12.2002)