Die Rollen sind klar verteilt: Katharina Böhm ist die Brave und Aglaia Szyszkowitz das Biest. Zwei ungleiche Schwestern sehen sich nach vielen Jahren wieder, dabei kommt ein Geheimnis ans Licht und die Katastrophe nimmt ihren Lauf. Marcus O. Rosenmüller hat den Kampf der Schwestern in einer gewöhnungsbedürftigen Mischung aus Melodram und Psychothriller inszeniert und benötigt so manch dramaturgisch uninspirierten Kniff, um die Spannung hochzuhalten. Wie häufig, wenn sich MDR und ORF zusammentun, ist auch „Am Ende der Lüge“ nicht mehr als durchschnittlich – trotz starker Schauspieler.
Seit fast 15 Jahren haben sich die familienorientierte Susanne (Katharina Böhm) und ihre freiheitsliebende jüngere Schwester Mia (Aglaia Szyszkowitz) nicht mehr gesehen. Damals erlebten die beiden gemeinsam einen Auslandsaufenthalt in Australien. Während dieser Zeit wurde auch Susannes Tochter Jenny geboren. Mia entschied sich, im Ausland zu bleiben und Karriere zu machen. Susanne ging mit ihrem Neugeborenen wieder zurück in die ostdeutsche Provinz – zu ihren Eltern, der familiären Uhrenmanufaktur und dem Vater ihres Kindes.
Der Tod der Mutter führt die beiden Schwestern wieder zusammen und bringt ein gut gehütetes Geheimnis an den Tag. Bei der Beerdigung der Matriarchin taucht Mia auf und sorgt für Unruhe. Sie mischt sich massiv in die Geschäfte der Manufaktur ein, wickelt ihren Vater Herbert (Hermann Beyer) um den Finger und sucht zunehmend die Nähe zu Susannes pubertierender Tochter Jenny (frisches Gesicht: Tara Fischer). Schon noch wenigen Minuten des Films kommt der Pakt an sich Licht, den die beiden ungleichen Schwestern damals down under geschlossen haben. Jenny ist Mias Kind, die wollte es nicht und Susanne, die keine Kinder bekommen kann, drängte sie, es auf die Welt zu bringen und ihr zu geben. Ahnungslos vergöttert der reifende Teenager die mondäne Tante, die so anders ist als ihre liebevoll-treusorgende Mutter: Mia fährt Motorrad, ist erfolgreich im Beruf und verdreht Männern den Kopf. Doch sie hat ein Geheimnis – oder besser: Sie ist eine tickende Zeitbombe…
Was eher als Melodram beginnt, entwickelt sich zunehmend zum Psychothriller. Marcus O. Rosenmüller setzt auf schleichende Spannung, doch alles wirkt kalkuliert und vorhersehbar. Auf überraschende Situationen und Bilder wartet man vergeblich. Wenn Mia mitten in die Beerdigungszeremonie platzt und Susanne ihrer Tochter erklärt, wer diese Frau ist, ist das einfallslos inszeniert und wirkt wie schon tausendmal gesehen. Und wenn ans Licht kommt, dass Mia manisch-depressiv ist, dann muss sie natürlich unbeobachtete Ohrenzeugin der Aufdeckung werden – dramaturgisch sehr schlicht und mühsam konstruiert. Die Dialoge dienen allzu oft als Informationsbrücken aus der Vergangenheit, es wird viel zu viel erklärt. Statt spielerisch die Handlung voranzutreiben, werden Entwicklungen über den Text transportiert. Klar, die Spannungskurve bis zum Showdown am Abhang wird gehalten. Die beiden ausdrucksstarken Hauptdarstellerinnen Katharina Böhm und Aglaia Szyszkowitz tun sich aber sichtlich schwer mit den dramaturgischen Holprigkeiten und den teilweise papierenen Dialogen. „Am Ende der Lüge“ – so hieß im Jahr 2000 auch mal eine Folge der Krimireihe „Bella Block“. Kein Vergleich zu diesem mühsamen Thriller-Melo, das eher zu den schwächeren ARD-Mittwochs-Filmen gezählt werden muss. (Text-Stand: 11.4.2013)