Die schönen und wertvollen Dinge liegen Kunstdetektiv Johann Friedrich von Allmen (Heino Ferch) bekanntlich am Herzen. Im dritten Teil der Reihe nach den Martin-Suter-Romanen wird das fünf Millionen Schweizer Franken teure Gemälde „Bouquet de Dahlias“ von Henri-Théodore Fantin-Latour direkt vor Allmens Nase entwendet – in einer „Über den Dächern von Nizza“-Gedächtnis-Szene. Der Dieb steigt an der Fassade eines Zürcher Luxus-Hotels von Fenstersims zu Fenstersims, während Allmen und seine Geliebte, Millionärstochter Jojo (Andrea Osvárt), gerade auf andere schöne Dinge zusteuern („Ein gut gekühlter Champagner duldet keinen Aufschub“). Der Detektiv unterbricht das Tête-à-tête, steigt dem Maskierten hinterher, kann den Diebstahl aus der Suite der schwerreichen Besitzerin Dahlia Gutbauer (herrlich kratzbürstig: Erni Mangold) aber nicht verhindern. Dafür bringt ihn die Suche nach dem Gemälde der attraktiven Dalia Scheidegger (Katharina Schüttler) näher.
Vieles an der nun folgenden verwickelten Geschichte ist ziemlich abenteuerlich und nicht ganz so leicht nachzuvollziehen wie der Witz mit den Vornamen. Aber „Allmen“-Filme haben nun mal kein allzu realistisches Setting, dafür einen umso entschiedeneren Look, der elegante Kulissen, Hedonismus und den Charme alter Detektivgeschichten verbindet. Schauplätze und Szenenbild, pardon: das Ambiente, ist immer erstklassig, das Licht warm und schmeichelnd, die abwechslungsreiche Musik klingt wie eine Ansammlung von Zitaten aus vergangenen Filmepochen, und in gefühlt jeder zweiten Szene hat Allmen ein Champagner-Glas in der Hand. Das Überbordende, Schwelgerische ist in „Allmen und das Geheimnis der Dahlien“ noch stärker präsent als in den beiden ersten Filmen, da diese Folge fast ausschließlich in Luxushotels und extravaganten Bars spielt. Geerdet wird der äußerliche Schick nach wie vor durch die Freundschaft zwischen Allmen und seinem Butler Carlos (Samuel Finzi), der sich unter falschem Namen ebenfalls im Hotel einquartiert und somit noch stärker zu einer Figur auf Augenhöhe wird. Zur notorischen Finanznot der beiden gesellt sich hier die Sorge um den Aufenthaltsstatus. Carlos und seine Geliebte Maria Moreno (Isabella Parkinson) halten sich illegal in der Schweiz auf und fürchten die Kontrollen der Fremdenpolizei. Letztlich bleibt dieser Nebenstrang der Handlung aber wenig dramatisch und unbedeutend.
Das Gemälde wurde, so hat es bald den Anschein, unter hohem Risiko gestohlen, um damit Dalia Scheidegger zu gefallen. Die Dame ist eine Psychologin mit fragwürdiger Menschenkenntnis – was nicht besonders tiefschürfend ausgearbeitet wird, aber einige Anknüpfungspunkte in den Dialogen zwischen ihr und Allmen bietet. Ferch und Schüttler geben alles für die gewünschte erotische Spannung, wobei sich „alles“ auf intensive Blicke und Dialoge beschränkt. Der zurückhaltend inszenierte Flirt passt zu dem altmodischen Touch der Reihe, und auch sonst bleiben die großen Gefühle wie hinter Glas in dieser formvollendeten Bilderwelt. „Warum liebe ich einen Mann, der lieber tötet als zu zahlen?“, fragt Dalia. Tatsächlich erschließt sich hier weder das eine noch das andere, die Episodenfiguren sind hübsch inszenierte Konstruktionen, nicht mehr. Mehdi Nebbou spielt Tino Rebler, einen Geschäftsmann mit politischen Ambitionen, der alles aufs Spiel setzt und über Leichen geht, um an Fantin-Latours Dahlien-Gemälde zu kommen. Florian Stetter ist Claude Tenz, Dalias undurchsichtiger Ex. Die überraschende Schlusspointe ist Udo Samel vorbehalten, der den Kunstsachverständigen Severin Erlbaum gibt.
Das Tempo und den Witz der Anfangsphase kann die Inszenierung nicht durchgängig halten. Auch scheint die Absicht zu bestehen, die Eigenarten dieser Reihe an die üblichen Konventionen anzupassen. So wandte sich Allmen bisher ab und zu direkt ans Publikum, jetzt spricht er nur noch aus dem Off zu den Zuschauern und blickt nur ein paar Mal stumm in die Kamera. Mit der gebildeten Schlagfertigkeit seines Titelhelden kommt der Film immerhin gut über die Runden. Und wem Allmens selbstverliebte Neigung zu Aphorismen und Anekdoten und überhaupt das ganze gestelzte Upper-Class-Geschwafel auf die Nerven geht, wird mit ein wenig Selbstironie („Haben Sie neue Zitate für mich?“) und einigen treffsicheren Anspielungen („Glaubst du wirklich, wir machen Geschäfte mit Mördern?“ „Das wäre durchaus gute Schweizer Tradition“) versöhnt. Dieser weltläufige Allmen, der so genießerisch durchs Leben segelt und stets fröhlich über seine Verhältnisse lebt, ist eine sympathische, aus der Zeit gefallene Figur. Gerne mehr davon, gern mit noch mehr Schwung und noch mehr Biss.