Alles bestens

Ann-Kathrin Kramer & Stephan Kampwirth. Chaos-Prinzip – auch dramaturgisch

Foto: ZDF / von der Mehden
Foto Rainer Tittelbach

„Alles bestens“ ist ein weiterer Versuch des ZDF, mit dem Thema Familie zu punkten. Der Film sieht aber eher aus, als ob dieser Stoff bei der ARD-Degeto nicht mehr unterzubringen war. Der Plot wird getragen vom naiven Glauben, einige Trend-Themen (Casting-Wahn, Schönheits-OP, die 68er & das Alter, Doppelbelastung) und ein paar „Dauerbrenner“ (Pubertät, überforderte Eltern, mit Anfang 20 Familie oder Selbstverwirklichung?) müsse man in komischer Absicht aneinanderreihen, damit daraus eine Zeitgeist-Komödie entstehe.

Ist das eine Familie oder eine WG? Sabine Meister ist vor allem Meisterin im Probleme-Weglächeln. Bei ihrer Familie brennt es ständig an allen Ecken. Julia und Carsten, ihre Teenager-Kids, liegen im Dauerclinch miteinander. Sie hat massive Probleme mit ihrem Äußeren; er strapaziert mit seinen Popstar-Ambitionen jedermanns Nerven. Sabines Vater steht immer im ungünstigsten Moment auf der Matte und mit seinem Schwiegersohn auf Kriegsfuß. Ehemaliger Hausbesetzer und biederer Zahnarzt – das passt einfach nicht. Als Großvater von der Leiter fällt und Vater Jakob eine junge Frau anfährt, füllt sich das Haus und es kommt noch mehr Chaos ins Leben der Meisters. Da ist Sabines penetrante Chefin in der Stiftung, für die sie seit kurzem arbeitet, noch das geringste Übel. Julia schwänzt, lügt und träumt von einer Schönheits-OP. Carsten wird in der Schule gehänselt, seine Hormone werden von Globetrotterin Penny in Schwung gebracht – und dann schlägt er einfach mal kräftig zu. Sabines Vater Paul, seit Tagen im Rollstuhl unterwegs, nimmt den Jungen mit zu einer Rentner-Demo. Am Ende gibt es auch dort blutige Nasen. Dazu noch ein Ehemann, der nie richtig anwesend ist und wenn er nach Hause kommt, dann mit Lippenstift am Kragen… Irgendwann kann die liebe Sabine nicht mehr nur geduldig lächeln, sondern zieht die Reißleine.

„Alles bestens“ ist ein weiterer Versuch des ZDF, mit dem Thema Familie zu punkten. Der Film sieht allerdings eher aus, als ob dieser Stoff bei der ARD-Degeto nicht mehr unterzubringen war. Für den Freitag im Ersten wäre es eine vergleichsweise frische Familien-„Farbe“, für den Montag im ZDF ist dieser kunterbunte Chaos-Komödien-Cocktail dagegen ein bisschen sehr leicht und seicht geraten. Und ob es die richtige Programmpolitik ist, im Winter Unterhaltungsfilme aus dem deutschen Sommer zu platzieren (was anderes ist es bei exotischen Sonnen-Locations à la „Traumschiff“ oder „Traumhotel“), sollte man sich auch einmal fragen. Nichts ist also bestens bei diesem zwanghaft chaotischen Filmchen, bei dem Autor Stefan Rogall sein Personal sich unter Hysterie-Verdacht über die 90 Minuten robben lässt. Dramaturgisch setzt er ausschließlich auf vermeintlich komische Situationen oder auf zickige Konfrontationen, so etwas wie Struktur sucht man in dieser Komödie vergeblich.

Der Plot wird getragen vom naiven Glauben, einige Trend-Themen (Casting-Wahn, Schönheits-OP, die 68er & das Alter, Doppelbelastung) und ein paar „Dauerbrenner“ (Pubertät, überforderte Eltern, mit Anfang zwanzig Familie oder Selbstverwirklichung?) müsse man bloß in komischer Absicht aneinanderreihen, damit daraus eine Zeitgeist-Komödie entstehe. Das Chaos-Prinzip setzt sich – allerdings zufällig – auch in der Dramaturgie durch. Die Besetzung der tragenden Rollen ist für solch eine 08/15-Programmplatzfüller-Produktion zwar überraschungsarm, aber dennoch passabel. Einige Nebenfiguren, Carstens Lehrer („das klassische psychologische Profil eines Amokläufers“) oder Sabines Chefin, sind billig überzeichnet. Auch bei den Kleindarstellern wurde offenbar gespart. „Alles bestens“ – der Titel gilt allenfalls für den Schluss. Wenngleich auch etwas aufgesetzt, so sorgt das Happy End doch für reichlich gute Gefühle. (Text-Stand: 10.11.2012)

Alles bestensFoto: ZDF / von der Mehden
Penny bringt die Familie durcheinander – und zum Nachdenken. Katrin Heß und Ann-Kathrin Kramer in „Alles bestens“

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Fernsehfilm

ZDF

Mit Ann-Kathrin Kramer, Stephan Kampwirth, Marija Mauer, Finn Honold, Dietrich Hollinderbäumer, Katrin Heß, Catrin Striebeck

Kamera: Simon Schmejkal

Szenenbild: Sonja Strömer

Schnitt: Martin Rahner

Produktionsfirma: Ziegler Film

Drehbuch: Stefan Rogall

Regie: Christian Theede

Quote: 4,57 Mio. Zuschauer (13,7% MA)

EA: 10.12.2012 20:15 Uhr | ZDF

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

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