Ein Tag im Leben von Ina Lorenz (Anne Ratte-Polle). Es wird ein ganz entscheidender Tag für sie, die Psychotherapeutin und Mutter, die es allen recht machen möchte: ihren Patientinnen, ihrer pubertierenden Tochter Elli (Lea Drinda), ihrer egozentrischen Mutter (Ulrike Willenbacher) und ihrem manipulativen Lebenspartner Reto (Urs Jucker). Der will sie zum Auswandern nach Finnland überreden, weil für ihn dort eine Professorenstelle winkt, und lässt deshalb keine Gelegenheit aus, ihr die Arbeit als freie Psychotherapeutin mies zu machen. Elli erfährt erst heute davon, ist erwartungsgemäß gar nicht begeistert – und droht ihrer Mutter damit, zu ihrem Vater (Jonas Hien) zu ziehen. Ina, die Ausgleichende und Nachgiebige, ist also mal wieder gestresst und völlig überfordert. „Du kannst es eben nicht allen recht machen“, weiß es ihre Mutter Tamara wie immer besser. Ausgerechnet die, die am meisten nervt: Sie feiert heute ihren Siebzigsten und und scheucht Ina vor der Gartenparty herum wie eine Dienstmagd. Dort, zwischen Schuldgefühlen, Vorwürfen und Eifersucht, zwischen Bowle und böser Karaoke-Einlage („You sexy Thing“), kommt es abends zum Familien-Crash.
Foto: ZDF / Elisabeth Börnicke
In der Tragikomödie „Alle wollen geliebt werden“ strampelt sich die Hauptfigur im Hamsterrad ihres Alltags ab. Mutter, Tochter und Freund gehen vor – sie selbst findet nicht einmal die Zeit, sich ihre Labortest-Ergebnisse anzuschauen. Am liebsten würde sie sich mit allen versöhnen, aber an diesem einen Tag verdichten sich die Konflikte, sieht sich jene Ina in einem Dilemma, aus dem es kein Entkommen gibt, ohne mindestens einen Menschen enttäuschen zu müssen. So realitätsnah, klar und wirkungsvoll die Konfliktsituationen mit einem knalligen Höhepunkt und einer intensiven Schlussviertelstunde auch sind, so bleibt einiges in dieser Erzählung dramaturgisch unglaubwürdig oder zumindest unausgegoren. Alle wissen von dem Finnland-Plan, ausgerechnet die aufgeweckte Elli aber hat noch nichts davon mitbekommen und erfährt es eher zufällig auf dem Weg zur Party. Und bei den Charakteren ist alles etwas zu offensichtlich: Das Girlie ist etwas zu expressiv polternd, Inas Mutter zu erpresserisch larmoyant, der Freund zu überdeutlich egofixiert, und die „Heldin“ fühlt sich zu sehr für alles und jeden verantwortlich. Auch soll jede Szene dem Zuschauer etwas ganz Bestimmtes sagen. Da bleibt wenig Raum für Überraschungen. Erst nach der Party kann die angeschlagene Psychotherapeutin durchatmen und mit ihr auch der Zuschauer, der nun endlich dieser intelligenten Frau und komplexen Figur ohne Sinnstiftungssch(w)ere im Kopf folgen darf. Im Schlussbild sieht man sie zum ersten Mal allein.
Es ist das episodisch Ausschnitthafte, das diesen Erstlingsfilm mit Kinoambition von den konfliktträchtigeren Fernsehfilmen mit ähnlicher Thematik angenehm unterscheidet. Dass der Film seine Szenen wenig kunstvoll gestaltet und die Streitdialoge der Realität ablauscht, anstatt sie pointiert zu verdichten, ist hier kein Manko, sondern entspricht der Alles-an-einem-Tag-Dramaturgie. Allerdings passt die Beiläufigkeit dieser aus dem Alltag abgeleiteten Beziehungsmomente nicht zu den überzogen gezeichneten Figuren und lässt diese umso deutlicher als Drama-Konstrukte erkennen. Dagegenhalten können dann nur noch die Schauspieler. Urs Jucker als Reto und Ulrike Willenbacher als Inas Mutter, die sich mit 70 noch als lockere, wilde Frau sieht, aber in Wahrheit nur eine elende Nervensäge ist, gelingt es nicht, ihren klischierten Figuren Leben einzuhauchen. Es sind allerdings auch undankbare Rollen, lassen doch Autor Florian Plumeyer und Katharina Woll (Regie, Produktion, Buch) keinen Zweifel daran, dass sie diesen Figuren nichts als Antipathie entgegenbringen. Verständnisvoller ist der Blick auf Elli, die Lea Drinda in einer ihrer ersten Rollen verkörpert. Nachdem der Teenager den Wutpanzer abgelegt hat, kommt der Shootingstar besser ins Spiel. So richtig zu überzeugen weiß aber allein Anne Ratte-Polle, die wunderbare mimische und stimmliche „Lösungen“ für das psychische Handicap ihrer Ina findet, die seit Kindertagen sich für alles die Schuld gibt. Doch am Ende singt und rotzt sie sich frei. Fragt sich, für wie lange?