Waffenhändler Peter Richter (Isaak Dentler) wird nach seinem Eintreffen in Algier schwer bewacht, aber die auffällig geraunten Warnungen der Sicherheitsleute werden schon bald Realität: Richter und sein Leibwächter Toni Schumacher (Marc Hosemann) werden aus dem Hotel entführt. Ob der Name des Bodyguards an den ehemaligen deutschen Fußball-Nationaltorwart erinnern soll, der im Halbfinale der WM 1982 den Franzosen Patrick Battiston rammte und schwer verletzte, sei mal dahingestellt. Bei einer deutsch-französischen Koproduktion wie „Algiers Confidential – Ein paar Tage Licht“ wäre es allerdings nicht verwunderlich. Und so darf man annehmen, dass es mit diesem fiktiven Toni Schumacher kein gutes Ende nehmen wird. Aber das Schicksal teilen mehrere Figuren in dieser zunehmend bleihaltigen Mini-Serie nach dem Roman „Ein paar Tage Licht“ des deutschen Krimiautors Oliver Bottini, der auch an der Drehbuch-Arbeit beteiligt war. Und der einzige Namenswitz ist Toni Schumacher keineswegs; auch ein CIA-Agent namens Harry Lime (Dominic Gould) wird eine Rolle spielen – eine Referenz an den Kalten-Krieg-Klassiker „Der dritte Mann“.
Der vom Franzosen Frédéric Jardin inszenierte Dreistünder „Algiers Confidential – Ein paar Tage Licht“ wird nicht unbedingt Filmgeschichte schreiben, bedient aber recht wirkungsvoll die Genre-Ansprüche eines Geheimdienstthrillers. Wie Bottinis Roman zeichnet sich die Serie durch häufige Schauplatzwechsel aus – ein Ping-Pong-Spiel zwischen Algier und Berlin mit gelegentlichen Ausflügen an andere Orte. Die romantische Nebenhandlung wird zum Beispiel im marokkanischen Tanger eingeführt. Aber auch dort können der deutsche BKA-Verbindungsmann Ralf Eley (Ken Duken) und die algerische Untersuchungsrichterin Amel Samraoui (Hania Amar) ihre Liebe nicht ganz unbeschwert genießen. Ein Passant spuckt dem Paar vor die Füße, und auch die feindseligen Blicke des Taxifahrers in Algier sollen wohl davon erzählen, dass die Liebe einer Araberin und eines weißen Europäers in Nordafrika unerwünscht ist. Vertieft wird dies nicht. So streut Jardin in seiner Inszenierung gelegentlich Andeutungen ein, ohne das Thriller-Genre zu überstrapazieren.
In Algerien verheimlichen Eley und Samraoui schon aus beruflichen und politischen Gründen ihre Beziehung, aber das geht natürlich nicht lange gut. Zumal sie im Fall des entführten deutschen Waffenhändlers auf verschiedenen Seiten stehen: Eley fordert von den algerischen Behörden Kooperation, doch General Soudani (Hammou Graïa) und seine rechte Hand, der schwer durchschaubare Oberst Toumi (Dali Benssalah), mauern. Der General beauftragt Richterin Samraoui herauszufinden, wer hinter der Entführung steckt. Beide sind durch die Vergangenheit Algeriens miteinander eng verbunden, was eine Rückblende in Folge 2 deutlich macht. Die Frage, ob Eley seiner Geliebten trauen kann und für welche Seite sich Samraoui entscheidet, sorgt neben den politischen Verwicklungen zusätzlich für Spannung.
Das Publikum ist dabei von Anfang an einen Schritt weiter als die Ermittler: Die Bestätigung, dass Waffenhändler Richter entführt wurde, landet umgehend auf dem Smartphone des gerade nach Berlin eingereisten jungen Algeriers Djamel (Raphaël Acloque). Von Deutschland aus operiert eine noch im Aufbau befindliche Gruppe, die die Regierung in Algerien stürzen will. Djamel und seine Freunde einigen sich auf einen Namen („Vertreiber der Ungläubigen“), der nach islamistischen Eiferern klingt, reden aber gleichzeitig von Demokratie und „sauberer Revolution“. Nun sind in einem Thriller ausführliche historische Exkurse weniger angebracht, aber dem deutschen Publikum dürften die Hintergründe jedenfalls weniger bekannt sein als dem französischen. Die wenigen Rückblenden und die ziemlich plakativ und hölzern gespielten Szenen über die Konflikte algerischer Exilanten in Berlin sind da nur bedingt eine Hilfe. Die persönliche Geschichte Djamels und seines Großvaters lässt ahnen: Darin steckt erzählerisches Potenzial, das hier nicht ganz ausgeschöpft wird. Hinzu kommt, dass die Synchronisation auch der französisch- und englisch-sprachigen Figuren den angestrebten Realismus untergräbt. Das deutsche Publikum ist daran gewöhnt, aber leider wirkt es einfach hanebüchen, wenn der General in Algier und die Algerier in Berlin fließend Deutsch reden.
Auf der sicheren Seite befindet sich die Produktion im straff und spannend inszenierten Intrigenspiel zwischen Politik, Geheimdiensten und Industrie. Da dürfte in Deutschland auch die – neben Ken Duken – prominente Besetzung anderer Rollen hilfreich sein: „Tatort“-Kommissarin und Emmy-Preisträgerin Anna Schudt („Ein Schnupfen hätte auch gereicht“) spielt Katharina Prinz, die ehemalige deutsche Botschafterin in Algerien, die nach dem Schlaganfall ihres Vorgesetzten zur Leiterin der Nahost-Abteilung im Auswärtigen Amt aufsteigt. Sie beauftragt Verbindungsmann Eley, den Algeriern damit zu drohen, die bereits genehmigte Lieferung von Sturmgewehren zurückzuhalten, sollten sie im Fall des entführten Waffenhändlers Peter Richter nicht kooperieren. Das ärgert nicht nur den algerischen General, sondern bringt auch den deutschen Lieferanten der Sturmgewehre in die Bredouille. Denn Reinhold Wegner hat das Geschäft auf nicht ganz legale Weise eingefädelt und muss nun befürchten, dass Export-Kritikerin Prinz ihm einen Strich durch die Rechnung macht. Eine schön fiese Paraderolle für Martin Brambach, der sich auch im knallharten Finale bewährt. Gleichzeitig planen die algerischen Revolutionäre in Deutschland einen Anschlag auf den Konvoi mit den für Algerien bestimmten Sturmgewehren.
Bottinis von der Kritik gelobter Roman ist auch in seiner Verfilmung eine kurzweilige wie verwickelte Geschichte über Waffenhandel und Korruption, auch wenn Regisseur Jardin nicht den ganz großen Sog erzeugen kann. Trotz Liebesgeschichte und schwerer familiärer Schicksale fällt es schwer, sich für die Hauptfiguren zu erwärmen. Auch bringt die Thriller-Serie das Algerien der Gegenwart dem Publikum nur in recht plakativen Bildern nahe, Alltag und soziale Realität bleiben fern. In der letzten Folge allerdings folgt die Kamera der Handlung hinaus aus der Hauptstadt und auch weg von malerischen Küstenabschnitten, hin in die Kabylei, eine karge, bergige Region östlich von Algier. Hier mischen sich schließlich Politthriller und Western mit einer kafkaesken Schießerei in einem abgelegenen Café.