Es gibt Filme, da genügt es völlig, den Titel, die Mitwirkenden und den Schauplatz zu kennen, und schon ahnt man, wie die Rollen verteilt sind und wie die Sache ausgehen wird. Natürlich kann die Geschichte trotzdem dramatisch, amüsant oder romantisch sein. Aber wenn ein Film „Afrika ruft nach dir“ heißt, Erol Sander einen verwitweten Tierarzt spielt, der eine Tierklinik im Herzen des südafrikanischen Nationalparks übernimmt, und Christina Plate eine engagierte Wildhüterin, kann man sich als Zuschauer den Rest denken.
Selbstredend braucht jede Handlung auch einen charismatischen Gegenspieler. Schon während des Vorspanns ahnt man, dass Sven Martinek diese Figur verkörpern wird. Die Rollen-Verteilung ist schon klar, bevor man den Bösewicht überhaupt richtig erkennen kann: Ein Zebra ist angeschossen worden, und während Tierarzt Markus und Wildhüterin Ariana die Verletzung begutachten, werden sie von einem Mann durchs Fernglas beobachtet; in seiner Hand eine Zigarette. Hier die Tierschützer, dort der Raucher: So einfach macht es sich nicht mal mehr das Kinderfernsehen. Im weiteren Verlauf wird Schurke Oliver, ebenfalls Wildhüter und nicht nur Arianas Chef, sondern auch ihr Lebensgefährte, kaum noch rauchen, aber dafür um so mehr trinken und auch mal die Hand gegen seine Freundin erheben. Da Markus verwitwet ist und selbst seine Kinder finden, es sei Zeit für eine neue Frau an seiner Seite, wäre es fast schon eine Untertreibung, die Romanze des Films „vorhersehbar“ zu nennen.
Allerdings gilt das für den dramatischen Teil nicht minder. Seit einiger Zeit treiben Wilderer ihr Unwesen im Nationalpark, und es bedarf keiner seherischen Fähigkeiten, um zu ahnen, dass ausgerechnet Wildhüter Oliver dahinter steckt: der Bock als Gärtner. Besonders niederträchtig ist allerdings sein Plan, die Tiermorde ausgerechnet den friedlichen Zulus in die Schuhe zu schieben; ein geschickt deponiertes Indiz, und schon scheint der Fall klar. Ausgerechnet der sympathische Häuptlingssohn, der gerade erst dafür gesorgt hat, dass Markus’ 14jährige Tochter Katta Afrika doch nicht so schlimm findet, wird verhaftet. Aber das Drehbuch hält noch eine weitere Schikane bereit: Oliver ist nicht entgangen, dass es Ariane heftig zu Markus zieht. Um es dem Nebenbuhler heimzuzahlen, sabotiert er dessen Heißluftballon, nicht ahnend, dass Ariane den Arzt beim morgendlichen Rundflug über den Nationalpark begleiten wird.
Bei aller Vorhersehbarkeit selbst im Detail hat „Afrika ruft nach dir“ auch seine sehenswerten Seiten. Der Film bietet wunderbare Tierbilder, Erol Sander und Christina Plate sind ein glaubwürdiges Paar, und Regisseur Karsten Wichniarz hat auch die Filmkinder Ana Lieman und Nico Liersch gut geführt; aber Sander kommt vor der Kamera ohnehin immer ausgezeichnet mit Kindern klar. Darüber hinaus gibt es diverse hübsche Drehbuchideen; Katta zum Beispiel hat mehr als bloß ein Herz für Tiere. Wie in allen Filmen der ARD-Tochter Degeto sprechen auch hier die Einheimischen ein makelloses Deutsch, aber dafür gibt es immerhin eine Erklärung: Sie haben die Sprache gelernt, weil die Tierklinik seit vielen Jahren von Deutschen geleitet wird. Ärgerlich ist allerdings, dass die Kamera immer wieder sprungartig in die Nahaufnahme zoomen muss, wenn jemand was Wichtiges zu sagen hat.
Eine Antwort
Sehr differenziert, wie immer.