Der Dreiteiler „Afrika, mon amour“ stand unter keinem guten Stern. Während der Dreharbeiten ging am Set in bester Voodoo-Manier sogar der Begriff „Fluch“ um. Die 270-minütige Filmgeschichte um eine sich in Zeiten männlicher Leibeigenschaft emanzipierende Ehefrau, die während der Kolonialzeit in Ostafrika den Ersten Weltkrieg miterlebt, fand 100 Jahre später ihr Pendant in einer abenteuerlichen Produktionsgeschichte.
Am Anfang hieß es, logistische Probleme zu lösen. 38 Tonnen Equipment mussten von Deutschland nach Kenia transportiert werden. Vor Ort waren dann zwei Lastenflugzeuge im Dauereinsatz. Der Rest an Mensch und Material wurde bewegt mit 50 Minibussen, fünf Personenbussen, 15 Geländewagen und 40 LKWs. Auch bis zu 400 Leuten täglich am Set erforderten Organisationstalent. Dramatischer waren die Einflüsse von Natur und Klima. „Wir hatten gerade alles aufgebaut, da kam eine Elefantenherde auf uns zugetrampelt“ erinnert sich der männliche Hauptdarsteller Robert Atzorn. Sorge bereitete vor allem das Wetter. Es herrschte Regenzeit in Kenia. „In Shaba hat ein Fluss unsere gesamte, mühsam errichtete Kulisse weggespült und auf der Insel Lamu standen drei Tage vor Drehbeginn wegen eines Sturms fast alle Schauplätze 30 cm unter Wasser“, berichtet Produzent Jens Christian Susa. Und mit dem großen Regen kamen die Mücken und mit ihnen die Malaria. Sogar die Technik (in Form einer neuartigen Digitalkamera) versagte zwischenzeitlich ihre Dienste.
Iris Berben musste die Zähne zusammenbeißen
Das alles war nichts gegen das, was der Hauptdarstellerin Iris Berben in Kenia passierte. Als sie sich aus dem Sattel schwingen will, verheddert sich ihr Fuß im Steigbügel. Verdacht auf Kreuzband- und Meniskusriss. Die Ärzte in Nairobi zückten schon das Messer, als von Experten aus Deutschland Entwarnung gegeben wurde. Eine Physiotherapeutin war von nun an ständige Begleiterin der Berben. Und die musste sich quälen, für die Crew und das Projekt, denn eine monatelange Unterbrechung hätte wohl das Ende der Produktion bedeutet. Das Team und die hochkarätigen Darsteller hätte man so schnell nicht wieder zusammen bekommen. Auch die Terminierung des Dreiteilers stand von ZDF-Seite für Anfang Januar bereits fest. Also biss Iris Berben im wahrsten Sinne des Wortes die Zähne zusammen und half so ihrem Sohn, dem Produzenten Oliver Berben, ein Produktionsdebakel zu verhindern. „Ich wollte nicht, dass die Produktion abgebrochen wird, also habe ich mich entschlossen, trotz der Schmerzen weiterzumachen“, erinnert sich die Berben, die auf sich selbst wütend war ob dieses Missgeschicks. Sie bekam täglich Spritzen, wurde geschient, ging in den Drehpausen an Krücken. „Nur gut, dass ich im Film lange Röcke tragen musste.“
Sich immer wieder auf neue Bedingungen und Herausforderungen einzulassen, darin treffen sich die Geschichte der Dreharbeiten und die Geschichte der Heldin dieses opulenten historischen Dreiteilers. „Afrika, mon amour“ von Christian Schnalke und Carlo Rola erzählt die im Fernsehen so häufige Geschichte von einer Frau, die das Schicksal zur Kämpferin macht. Im Mittelpunkt steht Katharina von Strahlberg, die sich aus den Fesseln ihrer Ehe befreit, den bösen Schatten ihres Mannes aber nicht so schnell los wird. Sie flüchtet vor ihm und den unmenschlichen Konventionen ihrer Zeit nach Deutsch-Ost-Afrika. Doch seine unsauberen Geschäfte verschlagen auch ihn zwischenzeitlich auf den schwarzen Kontinent. Mit seinem Bruder hat er für die Erschließung von Diamantenminen in den deutsch-ostafrikanischen Kolonien Millionen von Subventionsgeldern des Deutschen Reiches eingestrichen. Ein Riesenbetrug. Alle, die in dieses Geschäft verwickelt sind, müssen sterben – bis auf die Gebrüder von Strahlenberg. Wird es sie auch irgendwann erwischen?
Mal wieder eine Frau zwischen mehreren Männern
Andere Zeiten, andere Völker, andere Sitten. Andere Konfliktlagen als im vorigen Dreiteiler dieses kreativen Teams, „Die Patriarchin“, werden indes nicht erzählt. Es sind dieselben Themen und dieselben Fallhöhen, denen die Figuren ausgesetzt werden. Da ist die unbedarfte Frau, die genregemäß über sich hinauswächst. Da sind die typischen Intriganten und der Ehemann als Hassobjekt Nummer eins. Da ist der, in den sie sich verliebt, ein britischer Abenteurer (Pierre Besson), an dessen weißer Weste zunehmend blutige Flecken sichtbar werden. Und da ist der sprichwörtliche gute Mensch von Tanga (Matthias Habich), der jenseits erotischer Versuchungen der Heldin mehr als ein Mal die Ehre und das Leben rettet.
Robert Atzorn spielt den Gatten, der eine besonders perfide Form des Rosenkriegs anzettelt. „Ich will sehen, wie du zugrunde gehst“, ätzt der Treulose seiner Frau ins Gesicht, nachdem sie ihm vorgeworfen hat, dass er ein Blender, ein moralisch minderwertiger Mensch sei. Atzorn selbst begreift den Charakter seiner Figur historisch: „Nach heutigen Maßstäben ist Richard von Strahlberg alles andere als sympathisch, aber das wird der Figur nicht gerecht, denn damals galten andere Regeln.“ Oberst mit Felderfahrung, gebildet, wohlhabend, eine Frau zum Vorzeigen, eine Mätresse, Mitglied in einer schlagenden Verbindung – „von Strahlberg“, so Atzorn, „erfüllte alle Forderungen, die an einen Mann seiner Zeit gestellt wurden.“ Dagegen begehrte die Frau an seiner Seite unziemlich auf. Ein alter Hut? „Ein Mensch emanzipiert sich und findet seinen Weg und eine Frau ringt um ihren Platz in der Gesellschaft“ – für Iris Berben sind das noch immer aktuelle Themen. (Text-Stand: 8.1.2007)