65 Episoden lang – von 1993 bis 2007 – folgte die ARD-Hauptabendserie „Adelheid und ihre Mörder“ einem immer wieder gleichen Schema: Im Prolog vor dem Vorspann ereignet sich das Verbrechen, Kriminalhauptkommissar Strobel (Heinz Baumann) von der Hamburger Mordkommission „Mord zwo“ nimmt die Ermittlungen auf, vergaloppiert sich jedoch in die falsche Richtung. Fast ebenso viel Energie wie in die Lösung des Falls investiert der etwas knurrige, aber im Grunde herzensgute Chef in die Versuche, seine „Tippse“ am Kriminalisieren zu hindern. Adelheid Möbius ist ihm dennoch stets einen Schritt voraus, begibt sich dabei allerdings immer wieder in größte Gefahr. Auf diese Weise kommt Strobel immerhin in den Genuss, seine Mitarbeiterin aus den Fängen des Verbrechens befreien zu können.
Erfolgsautor Michael Baier („das Erbe der Guldenburgs“) ist auch Schöpfer von „Um Himmels Willen“. Trotz der offenkundigen Unterschiede sind sich die jeweiligen Protagonisten überraschend ähnlich: Der brummige bayerische Bürgermeister zieht gegen die clevere Klosterfrau ebenfalls regelmäßig den Kürzeren. Im Grunde sind beide ARD-Serien Romanzen mit anderen Mitteln: Je grimmiger die Dialoge, desto größer die gegenseitige Sympathie.
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Bei allem Respekt vor den Figuren und vor allem der von Evelyn Hamann verkörperten Hobby-Ermittlerin: Die Umsetzung der Drehbücher ist Fernsehen von vorgestern; der betuliche Vorspann ist auch in der überarbeiteten Form fast schon abschreckend. Gerade Wachtmeister Eugen Möbius (Gerhard Garbers), Adelheids Ex-Mann, ist regelmäßig dümmer, als die Polizei erlaubt; und das gilt nicht nur für die Folge, in der er sich einen Streifenwagen und zwei Uniformen klauen lässt, mit deren Hilfe zwei Ganoven eine Bank ausrauben. Zusammen mit dem Auto haben sie diverse Einweckgläser mit verdorbener Tomatensauce geklaut; letztlich ist eine Lebensmittelvergiftung ausschlaggebend für ihre Überführung.
Solche Lösungen sind typisch für die harmlose Serie, die man bei ihren Wiederholungen in den „Dritten“ theoretisch getrost zusammen mit seinen Kindern anschauen könnte. Gerade die Produktionen aus den Neunzigern sind jedoch von beinahe aufreizender Gemächlichkeit (die jüngeren Folgen sind einen Tick temporeicher). Es sind nicht allein nostalgische Motive, die für ein Wiedersehen mit Adelheid und ihren verschrobenen Kollegen sprechen. Baier hat sich die Bucharbeit in den Staffeln eins, zwei & drei mit anderen Autoren geteilt; Regisseur Claus-Michael Rohne zum Beispiel hat regelmäßig auch die Vorlagen zu den von ihm inszenierten Folgen geliefert. Die drei letzten Staffeln hat Baier dann allein geschrieben. Sein Tonfall aber und vor allem sein beiläufiger Humor prägen die gesamte Reihe; dazu gehören auch gelegentliche Slapstick-Einlagen, für die in den ersten beiden Staffeln vor allem Tilo Prückner als leicht hypochondrischer Assistent Strobels zuständig war. Typisch für die Serie ist auch ein „Twist“: In nahezu jeder Folge nimmt die Handlung eine völlig überraschende Wendung.
Natürlich war „Adelheid und ihre Mörder“ voll und ganz auf Evelyn Hamann zugeschnitten, weshalb die ARD schließlich auch die einzig mögliche Konsequenz gezogen und die Serie nach ihrem Tod eingestellt hat. Trotzdem hat auch das Ensemble großen Anteil am Erfolg. Deshalb haben die Revierszenen ebensoviel Gewicht wie die zumeist liebevoll ausgetüftelten Fälle. Gerade die Verbalscharmützel zwischen Strobel und seinen wechselnden Mitarbeitern, vor allem aber mit seinen Vorgesetzten (anfangs Burghart Klaußner, später Hans Peter Korff), machen einen großen Reiz der Episoden aus. Hamann war zwar der Star der Serie, doch die darstellerischen Glanzpunkte setzten andere. Ihre enorme Popularität verdankte die Schauspielerin in erster Linie den Loriot-Sketchen; die gemeinsamen Szenen mit Garbers und vor allem mit Gisela May als „Muddi“ sind allenfalls Boulevardkomödie. (Text-Stand: 2015)