Abgebrannt und ausgebrannt in Berlin Wedding. Die Deutsch-Türkin Pelin, Mitte 20, ist überfordert mit ihrem Leben. Sie hat drei Kinder von drei verschiedenen Männern und ihr neuer „Stecher“ Edin macht auch nur leere Versprechungen. „Wenn meine Geschäfte erst mal laufen, mach ich ein eigenes Studio für dich auf“, becirct er Pelin, die sich als Gelegenheits-Tätowiererin ein bisschen was zu ihren Hartz-IV-Bezügen hinzuverdient. Wenig später bedroht und schlägt er sie. Erst als er sie braucht für einen Drogendeal, kommt er ihr wieder freundlich. Ausgerechnet Drogen – mit „seinen“ Pillen hat sie schon genug Ärger gehabt. Beinahe wäre ihr Sohn Elvis gestorben durch Tabletten, die er in Edins Jacke fand. Daraus folgte ein Strafverfahren wegen der Drogensache und ein Termin vor dem Familiengericht, bei dem sie gerade noch verhindern konnte, dass ihr die Kinder entzogen werden. Stattdessen wird Pelin eine Mutter-Kind-Kur an der Ostsee verordnet. So richtig zur Ruhe kommt sie aber auch hier nicht. Sie geht tanzen, sucht Kunden, sticht Tattoos und findet mit der anfangs aufdringlichen Nachbarin im Kurheim eine Verbündete, die diese Extratouren deckt und auf ihre Kids aufpasst. Und dann kommt Edin mit seiner unglückseligen Schmuggel-Idee…
Verena S. Freytag zur Genese des Stoffs:
„Als ich 2003 meine Tochter bekam, war ich sehr viel alleine auf Spielplätzen im Wedding und eines Tages zog meine damals einjährige Tochter Drogenbestecke aus dem Gebüsch. Das hat mich schockiert und als ich dann auch noch beobachtete, dass Mütter mit Kinderwägen auf dem Spielplatz dealen, habe ich angefangen zu den Jugendämtern Kontakt aufzunehmen und mit Sozialarbeiterinnen zu sprechen. Ich bin auch auf Frauen gestoßen, die immer wieder Kinder bekommen, um die Männer an sich zu binden, aber auch, um Erziehungsgeld zu bekommen. Es gibt viele Frauen, die in diesem Muster gefangen sind, darunter auch Frauen mit Migrationshinterrund.“
Auf die Väter ist kein Verlass – also muss Vater Staat eingreifen. Das ist einerseits gut so für die hoch verschuldete und völlig überforderte Heldin in „Abgebrannt“. Andererseits spielt sich Vater Staat nicht ganz zu Unrecht ein bisschen auch als Vater der dreifachen Jungmutter auf, die von einem völlig anderen Leben träumt – als coole Vollzeit-Tätowiererin. Der Film aus dem ZDF-Kreativ-Pool „Kleines Fernsehspiel“ erzählt diese Geschichte ebenso kompromisslos wie ungeschönt, verzichtet auf künstliche Dramatik ebenso wie auf geschmeidige Ästhetisierung. Der schmucklose, einem „inhaltlichen“ Realismus verpflichtete Film der Deutsch-Türkin Verena S. Freytag („Saniyes Lust“) ist aber auch mehr als nur ein gesellschaftspolitischer Kommentar – insbesondere, weil die Hauptfigur über die Zeichnung eines sozialen Prototyps hinausgeht. Maryam Zaree („Shahada“) spielt und wirkt wie eine von vielen – und doch ist ihre Pelin eine sehr eigene, junge Frau. In Kombination mit den nüchternen Darstellung und der konsequent beibehaltenen Alltagsdramaturgie, entsteht ein stimmiges, stets ein wenig flüchtiges Frauen-Porträt – was aufgrund der Eingangsszenen, die auf ein Drama aus den Hartz-IV-Mühlen hindeuten, nicht unbedingt anzunehmen ist. (Text-Stand: 27.4.2012)