Katharina Schneider ist nicht auf der Suche nach einem Abenteuer. Dafür hat sie auch gar keine Zeit – als Mutter, Ehefrau und Top-Galeristin. Und dann passiert es doch: Im Zug zur Arbeit lernt sie einen gut aussehenden Mann kennen, der in ihr mehr weckt, als sein Buchhalterberuf ahnen lässt. Es dauert, bis die beiden sich näher kommen – denn jener Alexander nimmt nur einmal die Woche den Zug nach Hamburg um 8 Uhr 28. Sie treffen sich, einmal, zweimal, sie gehen spazieren, er zeigt ihr seine Welt, zum Abschied ein Kuss, dann zeigt sie ihm ihre Welt – auf einer Geschäftsreise, am Ende mehr als ein Kuss. Und Katharina, die sonst so Coole, die Überlegte, weiß nicht, was sie davon halten soll. Ist diese Begegnung ausbaufähig? Ist Alexander ihre Zukunft? Oder sagt ihre „Affäre“ mehr über den Zustand ihrer Ehe? Oder etwas über den Alltag von Gefühlen im Allgemeinen? Sie liebt doch ihren Mann, ihre Tochter, sie mag ihren Beruf, ihr Leben! Also was ist es dann?
Soundtrack: Regina Spektor (“Fidelity”), Radiohead (“No surprises”), Procol Harum (“A whiter shade of Pale”), Showaddywaddy (“Under the moon of love”)
Foto: NDR / Tatih Tuncer
Eine stille, heimliche Sehnsucht muss in ihr sein, sonst hätte sich die Heldin des Fernsehfilms „8 Uhr 28“ wohl nicht hinreißen lassen. Aber mehr Erklärungsversuche beziehungstechnischer Art unternimmt der Film von Christian Alvart (Regie) und Sebastian Schubert (Buch) nicht. Natürlich ergeht sich der Alltag der Schneiders in Wiederholungen, natürlich ist der erotische Kitzel zwischen „Papi“ und „Mami“ nicht mehr so groß – aber man bekommt nie den Eindruck eines grundsätzlichen emotionalen oder existenziellen Defizits. Die Schneiders stecken in keiner tiefen Krise, sie sind auch keine Mustermanns. Für einen Fernsehfilm ist es bemerkenswert, wie beiläufig und selbstverständlich der Film von der neuen und der alten Liebe parallel erzählt. Abgerundet wird dieser Eindruck durch den angenehm unaufgeregten, ästhetisch elaborierten Inszenierungsstil und den stimmungsvollen Soundtrack. So ist das Leben, so kann es gehen, so kann es einem passieren. Das ist die Botschaft. Weder diskutiert noch deutelt der Film alles aus. Auch die gescheiterte Beziehung der Eltern der Heldin wird nicht „sinnig“ als Projektionsfläche bemüht, sondern vereint sich harmonisch mit dem Gefühlschaos der Tochter. Der Film findet einen wunderbaren Ton zwischen TV- und Kinofilm, zwischen deutscher Schwermut und französischem C’est la vie.
Erzählt „8 Uhr 28“ von den Dingen des Lebens oder von einer der größten Banalitäten des modernen Beziehungsalltags? Der Film selbst jedenfalls wird nicht banal. Eine große Kunst beim Thema Liebe und Gefühle. Auch wenn der eine oder andere Satz wie „Die Buchführung ist wie das Leben: kein Gewinn, der auf der anderen Seite nicht ein Verlust wäre“ oder „Die wahre Leistung ist das Bewahren der Liebe“ zu sehr für sich spricht, so verkommen die Dialoge insgesamt nicht zu Aufsagern. Das liegt sicher auch an den Schauspielern: Brennicke sah man lange nicht so gut, Waschke variiert seinen Typus „moderner Mann“, der keine Wut empfinden kann, nur leicht, was seine Leistung nicht schmälert, und „Frauentyp“ Nebbou gelingt es wunderbar, jede Überbedeutung aus seinen Sätzen herauszunuscheln.