Alles Liebe

Hannelore Elsner und Karoline Eichhorn: "Lieber die Frau von Jürgen Drews"

Foto: BR
Foto Rainer Tittelbach

Wer kennt sie nicht, diese kleinen, gut gemeinten Familienfeste, die im Seelenstriptease enden, im Chaos oder nur in einem großen Krach. Mit „Alles Liebe“ ist Beate Langmaack und Kai Wessel ein Meisterstück des Genres gelungen. Da stimmt die Dramaturgie, die dem Alltags-Rhythmus abgelauscht ist, die Handlung, die ohne dunkle Geheimnisse aus der Vergangenheit auskommt, und die Besetzung mit Elsner und Eichhorn als ungleichen Frontfrauen.

Wer kennt sie nicht, diese kleinen, gut gemeinten Feste, die im Seelenstriptease enden, im Chaos oder einfach nur in einem großen Krach. Auch die Filme dazu kennt man aus Kino („Das Fest“) oder Fernsehen („Copacabana“) – und sie machen in der Regel mehr Spaß als die Realität. Beate Langmaack ist mit „Alles Liebe“ ein Meisterstück des Genres gelungen. Da stimmt die Dramaturgie, die dem Rhythmus des Alltags abgelauscht ist und die immer im richtigen Augenblick belebende Momente als Katalysatoren von außen in die Handlung hineinholt, um sie kurz vor dem emotionalen Höhepunkt wieder aus dem Kreis der Liebenden zu entlassen. Und dann geht es plötzlich zur Sache – und alle können austeilen, besonders Mutter Irma und Kathrin, die Älteste. Alle bekommen ihr Fett: die kalte Planerin, das bauchgesteuerte Schönchen, Muttis Liebling und auch die Mutter selbst mit ihrem selbstgefälligen „Opfergetue“, aber sie können auch verzeihen und sich entschuldigen. Und in der Wut steckt auch Besinnung auf sich selbst und das, was Familie bei allem Anderssein und allen unterschiedlichen Lebenskonzepten, bei allen Ängsten und Vorwürfen heißen kann.

Familie und die Möglichkeit zur Selbstreflexion:
„Das schwierige Verhältnis zur Mutter ist das schwierige Verhältnis zu uns selbst. Natürlich hilft es, darüber lachen zu können. Aber ist Ehrlichkeit möglich? Akzeptanz? Versöhnung?“ (Drehbuchautorin Beate Langmaack)

Diese undramatischen Reisen ins Ich, die gottlob nicht mit irgendeinem dunklen Geheimnis aus der Vergangenheit trivialisiert werden, hat Kai Wessel angenehm leicht und luftig inszeniert und mit So-ist-nun-mal-das-Leben-Zittermusik stimmig unterlegt. Unterstützt wurde er dabei von der exzellenten Kamerafrau Judith Kaufmann, die mit mal langen Einstellungen, mal mit atmosphärisch gestalteten Bildkompositionen zur realistischen Dichte des Films beiträgt. Die Dialoge spiegeln die Charaktere und sind zugleich Motor des dreitägigen Beziehungstreibens. Wie einst Stefan Krohmer bei „Ende der Saison“ versteht es auch Wessel, Hannelore Elsner nicht zum alles bestimmenden Mittelpunkt zu machen. Auch den anderen Schauspielern gelingt es, ihre Persönlichkeit ins Spiel zu bringen. Man fragt sich, in welchen Filmen hat sich Julia Brendler seit „Verbotene Liebe“ (1990), „Reise in die Nacht“ (1997) und „Dolphins“ (2000) verstecken müssen. In „Alles Liebe“ sieht man sie wieder einmal schön &  gut. Und Karoline Eichhorn beweist einmal mehr, dass sie eine der Besten ihrer Generation ist. Wie ihre starke Kathrin urplötzlich zwischen Tränen erweicht in einer Szene mit Elsner oder sich in Lachkrämpfen über die peinliche Mutter windet – das ist großes Charakterfach.

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Kaufen bei

und tittelbach.tv unterstützen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Fernsehfilm

BR

Mit Hannelore Elsner, Karoline Eichhorn, Julia Brendler, Axel Schreiber, Ricarda Zimmerer, Peggy Lukac, Teresa Weißbach

Kamera: Judith Kaufmann

Schnitt: Tina Freitag

Musik: Ralf Wienrich

Produktionsfirma: AllMedia Pictures

Drehbuch: Beate Langmaack

Regie: Kai Wessel

Quote: 4,72 Mio. Zuschauer (16,3% MA)

EA: 01.09.2010 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach