„Klaus, Einbrecher“, „Mike, Bankräuber“ stellen sie sich vor, als sie sich das erste Mal im Knast begegnen. Michael Roth und Klaus Starck werden Freunde. Bald wieder in Freiheit, überfallen sie gemeinsam Banken und Sparkassen. Sie spezialisieren sich auf die Provinz, begnügen sich mit zwei Überfällen pro Jahr und schlagen nur im Winter zu, um im Schutz der Dunkelheit agieren zu können. Weiberheld Mike ist der strategische Kopf, aber auch Klaus, der am Liebsten mit Muttis Stullen zur „Arbeit“ geht, ist ein ganz Ausgeschlafener. Mit Rambo- und Reagan-Masken und mit schweren Waffen wickeln sie ihre Raubzüge ab, doch ihre Devise lautet: „keine Gewalt“. Sie trainieren und geben sich bei ihren Überfällen sportlich und dynamisch. Die Polizei sucht deshalb nach zwei Tätern um die Dreißig. Erst nach Jahren erkennen die Beamten des Einsatz-Kommandos 12 Winter, dass sie auf eine falsche Fährte gelockt wurden. Von nun an befinden sich Mike und Klaus im Fadenkreuz der Ermittler.
„12 Winter“ entstand nach einer realen Vorlage. Zwischen 1988 und 2001 waren zwei Bankräuber zwischen NRW und Baden-Württemberg erfolgreich unterwegs und erbeuteten mindestens sechs Millionen Euro. Die Macher nennen ihren Film eine „Gangsterballade“. Die Kriminellen sind keine Robin Hoods, aber sie leben eine echte Männerfreundschaft und haben sich ein Stück weit das, was man einst Ganovenehre nannte, bewahrt. Weil sie am Ende dem ehemaligen dritten Mann finanziell helfen wollen, müssen sie einen letzten Coup machen, können sich nicht rechtzeitig absetzen und werden gestellt.
Prahl und Vogel bilden ein ideales Duo, um den Zuschauer auf diese ungewöhnliche Krimi-Reise mitzunehmen. Das erste Drittel gehört ihren Protagonisten allein. Danach mischen sich die beiden Hauptermittler ins spannende Spiel. Emotional befindet man sich als Zuschauer stärker auf der Seite der Gangster, weiß aber sehr wohl, wer das Räuber-und-Gendarmspiel gewinnen wird. Der Film zeigt vier Professionals bei der Arbeit. Beide Seiten der Geschichte sind klug miteinander verschachtelt. Diese Korrespondenz bestimmt den Rhythmus der zweiten Filmhälfte. Die Spannung steigt unablässig in diesem durchweg packenden, stilsicher fotografierten Film, der in bester amerikanisch-französischer Tradition des Genres steht.
Es ist einer jener wenigen Fernsehfilme, die sich aus ihrer Struktur heraus entwickeln, in denen das Erzählte und das Formale traumwandlerisch zueinander finden. Doch dahinter stehen Köpfe: neben Vogel und Prahl bestechen auch deren „Kontrahenten“ Wotan Wilke Möhring und Matthias Koeberlin. Vor allem aber ist es Regisseur Thomas Stiller, der das Drehbuch von Holger Karsten Schmidt bearbeitet und zu einer Dichte und Geschlossenheit geführt hat, die nichts besitzt von jener linearen Dramaturgie der laufenden Ereignisse, wie man sie oft findet bei Filmen, die über einen längeren Zeitraum erzählen. „12 Winter“ besitzt etwas zeitlos Gutes – und hat das Zeug zum TV-Klassiker. (Text-Stand: 1.5.2009)