„Hurtig, hurtig, ab die Post!“ Ruprecht Welser hat es eilig. Und so passiert’s, dass er aus Versehen mit dem Taxi schon mal vorfährt und seine Ehefrau Johanna glatt am Flughafen vergisst. Der Hamburger Top-Architekt hofft, dass er am Abend Sieger einer Ausschreibung sein wird. Das entschuldigt aber nicht die respektlose Art und den unverschämten Ton, den er gegenüber seiner Frau drauf hat. Dieser „kleine“ Vorfall öffnet der Dame aus Blankenese die Augen. Jetzt dreht Johanna den Spieß um und steigt nicht aus dem Taxi aus – sondern lässt sich von Ellie ein anderes Hamburg zeigen: die chaotische, allein erziehende Mutter schleppt sie zum Catchen, danach zu sich nach Hause. „Ruppi“ hat der Gattin die EC-Karte sperren lassen. Eine Unverschämtheit! Als dann auch noch zwei Tage vor Weihnachten die Abrissbirne an Ellies Haus klopft, entdeckt Johanna ihre kämpferische Ader von einst. Schneller als erwartet sieht sie sich ihrem Mann gegenüber: der muss sich entscheiden.
Der Zuschauer ahnt, wie sich der Beziehungskonflikt in der ARD-Produktion „Weihnachten… ohne mich, mein Schatz!“ auswachsen wird. Spätestens als der Architekt die Ausschreibung gewinnt und die Abrissfirma vor der Tür der Taxifahrerin steht, weiß man, dass der Ehemann bald knietief in einem emotional-moralischen Dilemma stecken wird. Der Macher, der gerade noch seine Frau wie eine Angestellte herumkommandiert hat, wird immer kleinlauter. Und das nicht nur, weil er ohne seine bessere Hälfte in lebenspraktischen Dingen aufgeschmissen ist. Da ist mehr im (Beziehungs-)Spiel als die eigene Bequemlichkeit. Doch auch Johanna geht ein Licht auf. „Ich hab’ mich selber nicht mehr gesehen“, sagt sie, „es ist meine eigene Schuld, dass ich unsichtbar geworden bin.“ Waren das noch Zeiten, als sie und ihr „Ruppi“ sich kennenlernten, in jener Nacht, als sie ein Bierfass klauten und sich in einander verliebten. Ließe sich das nicht 35 Jahre danach wiederholen?! Der wohl gewachsene Tannenbaum der Immobilienspekulantin schreit jedenfalls danach, geklaut zu werden. Nach dem Göttergatten ohne Manieren bekommt nun die „böse Kapitalistin“ die Schadenfreude des Zuschauers ab.
Soundtrack: Holly Cole („If We Make It Through December“), Brenda Lee („Rocking around the Christmas Tree“)
So geht das in romantischen Komödien. Das ist vorhersehbar, aber auch irgendwie schön, schön entlastend, wenn einem die Figuren sympathisch sind, wenn die Schauspieler etwas von dieser „Menschlichkeit“, die einem in Filmen oft peinlich ist, die man aber im Leben durchaus ersehnt, zwischen den Zeilen der Komödien-Routine erahnen lassen. In diesem Punkt – nennen wir es die Simulation von Authentizität – ist Jutta Speidel unschlagbar. Henry Hübchen spielt seine weniger facettenreiche Rolle natürlich mit links. Und auch die anderen, allen voran Cukrowski, Kampwirth und Danowski, werten das leicht absehbare Geschehen auf, und die Zusammenführung der beiden Familien, der verschiedenen Milieus und Generationen sorgt für ein Mehrfach-Happy-End. Der Mythos Weihnachten ist wie der Schnee im Film ein Katalysator in Sachen Emotion, ein Stimmungsmacher, mehr nicht. Stärker lebt Dennis Satins Komödie vom Sozialromantik-Touch. In der Vorweihnachtszeit lässt man sich das gern gefallen – und man kommt auf die Idee, dass man sich mal wieder einen Frank-Capra-Film („Ist das Leben nicht schön?“) anschauen könnte.