Die Film-Geschichte von „Vera – Die Frau des Sizilianers“ beginnt in einer Kleinstadt am Rhein und sie endet auf Sizilien. Die reale Geschichte, die dem aufwändigen Zweiteiler von Joseph Vilsmaier zugrunde liegt, hat noch kein endgültiges Happy End gefunden. Die ehemalige Verkäuferin Edith Kliez, die ihrem italienischen Ehemann nach Sizilien folgte und dort zwischen zwei Mafiaclans geriet, lebt mit ihrer Familie seit Jahren mit falscher Identität und ständig wechselnden Wohnsitzen unter dem Schutz der italienischen Behörden. Ihr Mann Gaetani Ianni, auf dessen Konto einige 100 Morde gehen sollen, ist Dank einer Kronzeugen-Regelung auf freiem Fuß. Die Autobiographie von Edith Kliez, in der die Deutsche wenig Reue zeigt und die Realität zugunsten ihres Mannes verschleiert, war Vorlage für das Drehbuch von Rolf-René Schneider. Der Autor folgte den Stationen der aufregenden Jahre der in Lüneburg geborenen Frau. Seiner Vera verlieh er andere Züge: sie emanzipiert sich vom „machismo“.
Sie ist das Sinnbild des deutschen Fräuleinwunders der 1950er Jahre: blond, hübsch und ein bisschen naiv. Weil sie bei ihren Großeltern aufgewachsen ist, nie eine richtige Familie gehabt hat, sehnt sie sich nach einem Mann, nach Kindern, nach einer Sippschaft, die zusammenhält. Sie verliebt sich sofort in den leichtlebigen Sizilianer Gaetano, der bei seinen Eltern in der Gelateria arbeitet. Während er ihr aber nur kurzzeitig die Sterne vom Himmel holt, verliebt sie sich mit Haut und Haaren in den gut aussehenden Macho. Schon früh wird beider Liebe durch Seitensprünge und Spielsucht auf die Probe gestellt. Immer wieder lässt sich Vera besänftigen. Immer wieder ist es die Sehnsucht nach der Familie, die sie einlenken lässt. Später in Sizilien lebt sie wie ein Vogel im goldenen Käfig. Mit Gaetanos kriminellen Geschäften mehren sich der Reichtum und Entfremdung. Doch für Vera gibt es nicht die normative Kraft (ehe)männlicher Fakten, sie will allein die Liebe und ihre Familie retten. „Sie musste sich an etwas klammern, sonst hätte sie alles verloren“, sagt Lara Joy Körner.
„Vera – Die Frau des Sizilianers“ ist eine Chronik laufender Liebesereignisse, die im ersten Teil auf 1950er-Jahre-Nostalgie und deutsches Kleinstadtmilieu setzt, während sich die problembeladene interkulturelle Liaison im zweiten Teil vor dem Hintergrund tödlicher Mafiakämpfe weiterentwickelt. Der zwischen Sittenbild und Mafiakrimi angesiedelte Film ist sorgfältig ausgestattet, manierlich gespielt und dramaturgisch ganz nach dem Prinzip „meistens kommt es anders und zweitens als man denkt“ gebaut. Und so weiß man schnell, dass Jubelfeste blutig enden und dem Bruderkuss der Todesschuss folgt. Was die deutsch-italienischen Mentalitätsunterschiede angeht, lässt der Film kein Klischee aus. Das mag für 90 Minuten ausreichen, bei einem Zweiteiler langweilen solche Offensichtlichkeiten spätestens im zweiten Teil. Und der zieht sich denn auch leidenschaftslos dahin.