Utta Danella – Die Himmelsstürmer

Jule Ronstedt, von Thun, Halmer, Beyer, Kronthaler. Lichtjahre voneinander entfernt

Foto: Degeto / Erika Hauri
Foto Rainer Tittelbach

„Die Himmelsstürmer“ ist nach „Wer küsst den Doc?“ (2013) der zweite Film der „Utta Danella“-Reihe, den man sich durchaus gefallen lassen kann. In dem Film von Thomas Kronthaler ist es weniger eine komödiantische als vielmehr eine romantisch-verspielte Tonlage, die sich charmant in den Vordergrund schiebt. Die Besetzung wertet nicht nur den Film insgesamt auf, sie erspielt der Handlung auch einige Zwischentöne. Das i-Tüpfelchen auf dem Ganzen ist Kronthalers flüssige, traumwandlerisch genresichere Inszenierung.

Im Anblick der Sterne vergisst Caro ihre irdischen Sorgen. Im oberbayerischen Traunstein betreibt die alleinerziehende Mutter einen Kiosk, das Erbe ihrer seligen Mama. Obwohl die 37-Jährige gern hinter der Theke steht und geradezu auflebt im Kontakt mit ihren Stammkunden, wird das Abkassieren zunehmend zur Qual, und ihre Buchführung ist eine Katastrophe. Caro hat es nicht so mit den Zahlen, mit den Grundrechenarten steht sie auf dem Kriegsfuß. Da kam es ihr stets gelegen, dass die meisten Kunden anschreiben lassen. So hat sie sich allerdings in die Pleite geritten. Was ihr bleibt, ist die Welt der Sterne, gern träumt sie sich in fremde Galaxien. Und jetzt hat sie einen, der mit ihr träumen möchte: ihr Abendkurs-Lehrer, ein Astrophysiker. Mit ihrer Rechenschwäche und seinem Faible für höhere Mathematik sind die beiden zwar Lichtjahre voneinander entfernt, doch die Sterne stehen günstig – Venus ist aktiv. So taucht plötzlich aus heiterem Himmel Caros Onkel aus Amerika auf, der ganz anders ist als ihr griesgrämiger Vater, der auch jetzt nur wieder das Schlimmste annimmt. Und auch Caros versponnenes Mathematik-Genie lässt einfach nicht locker bei ihr.

Das ARD-Label „Utta Danella“ stand bislang für melodramatisches Herz-Schmerz-Fernsehen mit Geschlechterrollenbildern aus den 50er Jahren. Aus den Roman(motiv)en der Kitsch-Queen wurden TV-Schmonzetten zusammengeschraubt, die nur dann erträglich waren, wenn eine kräftige Prise Humor den märchenhaften Plots untergemischt wurde. Nach „Wer küsst den Doc?“ (2013) ist nun „Die Himmelsstürmer“ der zweite Film der Degeto-Reihe, den man sich durchaus gefallen lassen kann. In dem Film von Thomas Kronthaler ist es weniger eine komödiantische als vielmehr eine romantisch-verspielte Tonlage, die sich charmant in den Vordergrund schiebt. Da ist unter anderem die sich anbahnende Verliebtheit zwischen der unter Dyskalkulie („Zahlenblindheit“) leidenden Kioskbesitzerin und dem mit mathematischen Formeln jonglierenden Akademiker: Jule Ronstedt, deren Gesichtszüge mit den ausdrucksstarken Augen und deren leichten Hang zum Silberblick für Witz und Gefühl gleichermaßen prädestiniert sind, und Alexander Beyer, dem der dezent ironisierte, etwas weltfremde Wissenschaftler mit der entsprechenden leicht gehemmten Körpersprache ebenfalls bestens zu Gesicht steht, sind eine für „Utta-Danella“-Verhältnisse weit überdurchschnittliche Besetzung. Das Gleiche gilt für das Doppelpack Friedrich von Thun und Günther Maria Halmer; beider Können veredelt sichtlich den stereotypen Bruder-Konflikt. Weiterhin bereichert Suzanne von Borsody den Cast um eine rund um die Uhr alkoholisierte Ex-Lehrerin: Sie erkennt am Ende die Dyskalkulie, diese besondere Zahlen-Schwäche der Hauptfigur, die sich seit ihrer „Schulkarriere“ einfach nur für dumm gehalten hat.

Utta Danella – Die HimmelsstürmerFoto: Degeto / Erika Hauri
Seit Caros Onkel aus Amerika zurück ist, hängt der Haussegen immer öfters schief. Doch Streiten ist besser als ewiges Schweigen.

Und die Sterne meinen es gut. „Die Himmelsstürmer“ als Märchen zu sehen, fällt leicht, da das Szenario mit Milchstraßen-Romantik und reichem Onkel aus Kanada – trotz Gerichtsvollzieher – so charmant dem Alltag entrückt wirkt. Traunstein wird zum Traumstädtchen zwischen Kopfsteinpflaster und Schrebergarten. Vor allem aber ist es die traumwandlerisch stilsichere Inszenierung von Thomas Kronthaler. Sein Kameramann Christof Oefelein geht immer wieder gern auf Tuchfühlung mit der attraktiven Hauptdarstellerin. „Da wird alles, womit man sich beschäftigt, plötzlich ganz klein“, sagt Ronstedts Caro beim Blick durchs Riesenteleskop. Der Zuschauer sieht sie dafür umso größer. Auch später, wenn sich das Paar nachts auf dem Seesteg beim Blick in den Himmel das Universum einverleibt, wird die Nähe zwischen den beiden sinnlich spürbar. Auch wenn oder gerade weil das Astro-Genie den Wunschmythos der Sternschnuppe entzaubert, die romantischen Momente im Film also immer wieder eine ironische Brechung erfahren, lässt man sich nicht ungern einfangen von diesem Wohlfühlfilm. (Text-Stand: 12.1.2014)

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Reihe

ARD Degeto

Mit Jule Ronstedt, Friedrich von Thun, Günther Maria Halmer, Alexander Beyer, Suzanne von Borsody, Julia Niegel, Gers Lohmeyer und Kerstin Heiles

Kamera: Christof Oefelein

Szenenbild: Gabi Pohl

Schnitt: Melanie Landa

Produktionsfirma: Bavaria Fernsehproduktion

Drehbuch: Astrid Ruppert – nach Motiven des Romans „Alle Sterne vom Himmel“ von Utta Danella

Regie: Thomas Kronthaler

EA: 14.02.2014 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
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Kontoinhaber: Rainer Tittelbach