Die 15-jährige Nele (Emilia Bernsdorf) wurde am Abend noch in einem Klub gesehen, sorgte da für Aufsehen und baggerte den Star-DJ (Jimi Blue Ochsenknecht) an. Gefolgt war ihr Liam (Tom Gronau), einer ihrer Mitschüler. Am nächsten Morgen wird das Mädchen tot aus der Schlei gezogen. Kommissar Brauner (Martin Brambach) ist am Boden zerstört, denn es handelt sich um die Tochter eines befreundeten Ehepaares (Leslie Malton, Harald Schrott). Die Eltern dachten, Nele wäre sicher im Internat auf der dänischen Insel Fejø. Als Jana Winter (Natalia Wörner) dort eintrifft, erfährt sie, dass eine weitere Schülerin, Liv, ebenfalls 15, spurlos verschwunden ist. Gemeinsam mit ihrem dänischen Kollegen Malte Larssen (Magnus Krepper) von der Vermisstenstelle Kopenhagen sucht Jana einen Zusammenhang zwischen den beiden Fällen? Der Schlüssel zur Lösung dürfte bei Fenja (Valeria Eisenbart) liegen, der besten Freundin der zwei Mädchen. Doch die schweigt und hat einen fatalen Plan.
Es geht um Kränkungen, Träume und Sehnsüchte junger Mädchen. Nele, Liv und Fenja sind ein verschworenes Trio, haben so ihre Probleme mit dem Erwachsenwerden. Einzig Liam (Tom Gronau), ein Nerd, ein Außenseiter im Internat, Sohn einer einflussreichen Politikerin, findet Zugang zu den Mädchen. Sie mögen ihn, aber sie spielen eigentlich nur mit ihm. Doch er verliebt sich in Nele. So sieht alles nach einer bekannten Krimistory aus: Abgewiesener Junge bringt die Auserwählte um. Doch weit gefehlt. André Georgi („Die Flut ist pünktlich“), der das Drehbuch nach einer Idee von Judith Kennel und Kerstin Cantz verfasst hat, erzählt eine ganz andere Geschichte. Nicht Eifersucht ist das Tatmotiv. Auch die Spur zum narzistisch-kotzigen Star-DJ Finn, etwas überspielt von Jimi Blue Ochsenknecht, als Mörder verläuft im Sand. Es geht letztlich um Freitod. Ein Thema, mit dem sich gerade Heranwachsende oft beschäftigen. Und das Georgi zu einer spannenden und stimmungsvollen Krimigegeschichte verwoben hat. Für das Stimmungsvolle ist in erster Linie Regisseurin Judith Kennel zuständig. Sicher führt sie ihre Figuren durch den Film, zeigt die Gefühlswelt der Mädchen in Rückblicken und Traumsequenzen. Das ist von großer Sensibilität geprägt. Man merkt, dass Kennel alle Folgen von „Unter anderen Umständen“ inszeniert hat, sie lebt mit dieser Jana Winter, die muss nicht mal so, mal so agieren, sie ist die Konstante der Reihe.
Gewohnt bleibt auch die Rollenverteilung im Team. Und doch ist diesmal vieles anders: Matthias Hamm (Ralph Herforth) kommuniziert nur mittels eines Schreibblocks, er hat seine Stimme verloren – irgendwie auch ein Symbol für die Sprachlosigkeit dieses Teenager-Dramas, das sich da abspielt; Arne Brauner (Martin Brambach) ist emotional so in den Fall involviert, dass er wieder zur Flasche greift. Wie Brambach das spielt, dieses Überspielen des Ausrutschers, das ist eindrucksvoll und zeigt seine enormen schauspielerischen Fähigkeiten. Natalia Wörner muss (und will) auch in der elften Episode nicht viel an ihrer Figur verändern, diese Jana Winter ist klug, überlegt, unaufgeregt und sympathisch, managt Mutter- und Ermittlerrolle ohne große Aufregungen, ist der Ruhepol, hat ihre Emotionen unter Kontrolle. Auch gegenüber ihrem neuen Kollegen Larssen aus Dänemark, skandinavisch unterkühlt und präzise gespielt vom Magnus Krepper („Die Brücke – Transit in den Tod“). Anders als in manchem Krimi muss sich diese Kommissarin nicht Hals über Kopf in eine Liebesbeziehung stürzen, alles entwickelt sich ruhig und langsam, auch wenn sich am Ende anbahnt, dass es für Larssen vielleicht nicht der letzte Auftritt in „Unter anderen Umständen“ gewesen ist.
„Unter anderen Umständen – Das Versprechen“ blickt in menschliche Abgründe, zeigt Teenager in emotionalen Ausnahmesituationen und beschäftigt sich mit einer zentralen Frage: Wie weit darf ein Versprechen gehen, auch wenn es dazu führt, dass durch das Schweigen und sich daran halten junge Menschen in die Katastrophe schlittern? Ein Krimi, der Fragen aufwirft, keine schnellen Lösungen anbietet, sich mit voller Wucht und dennoch höchst sensibel mit einem zeitlosen Thema beschäftigt. Nur die Musik (Jean-Paul Wall) will zuweilen zuviel, auch wenn in diesem Krimi viel Leid zu spüren und zu sehen ist. Dass Natalia Wörner weitermachen will ist erfreulich. „Im Moment ist sie noch nicht zu Ende erzählt“, sagt die Schauspielerin über ihre Jana Winter. Und diesmal gibt es ja sogar eine private Zäsur. „Jetzt wird zum ersten Mal nach langer Zeit eine neue Figur eingeführt“, so Wörner. Das tut der Krimireihe sichtlich gut, auch wenn das bestehende Ermittlerteam weiter prima funktioniert.