Andrea ist die gute Seele ihrer Reihenhaussiedlung. Jederzeit hat sie für alle ein offenes Ohr; bloß die eigene Ehe hat sie im Lauf der Zeit aus den Augen verloren. Als der gute Gatte Christoph (Martin Lindow), ein eifriger Anwalt, plötzlich auch nach Feierabend noch wichtige geschäftliche Termine hat, wird Andrea misstrauisch, zumal Freundin Sabine (Katharina Schubert) Christoph mit einer anderen beim spanischen Liederabend gesehen hat. Kurzerhand zieht Andrea eine Demarkationslinie durchs Reihenhaus, geht selbst auf die Jagd und wird prompt zur Beute von Luke Mahler (Henning Baum), der zu allem Überfluss auch noch Christophs Gegenspieler bei einem wichtigen Fall ist.
Der Seitensprung wird allenfalls gedanklich vollzogen, der ganze Aufwand dient allein der Restaurierung von Ehe und Familie: Die Bücher von Susanne Fröhlich vertreten eine ziemlich konservative Moral. Aber das tut das Fernsehen ja auch, zumal diese Haltung der schweigenden Mehrheit entspricht. Und so besetzt das ZDF die Hauptrolle auch der zweiten Fröhlich-Verfilmung (nach „Moppel-Ich“) wieder Christine Neubauer, die mit ihren Filmen im „Ersten“ ja längst hehre Werte verkörpert. Damit enden die Parallelen aber auch: „Treuepunkte“ ist vergleichsweise flott erzählt, Ausstattung, Bildgestaltung und die Regie von Thomas Nennstiel wirken deutlich hochwertiger. Vor allem aber kann das Drehbuch von Lars Albaum dank der Vorlage aus dem Vollen schöpfen: Die Dialoge sind zum Teil witzig („Hunde versauen nur den Teppich, Kinder das ganze Leben“). Gleiches gilt für Details am Rande der Handlung – etwa wenn Andrea aus Rache am Gatten dessen teuren Weinvorrat dezimiert.
Die Nebenfiguren mögen im Vergleich zum Roman ein bisschen zu kurz kommen, sind zum Ausgleich aber prägnant besetzt; köstlich ist zum Beispiel Nicki von Tempelhoff als schüchterner Anschlusssucher, der sich zwar beherzt an die Tipps seines Flirtlehrers hält, aber doch immer wieder seine Modelleisenbahn ins Gespräch bringt. Dirk Bach (Kölner) hätte sich bei seinem Berliner Dialekt allerdings ruhig etwas mehr Mühe geben können. Und Christine Neubauer wirkt seltsam befangen; vielleicht lag’s daran, dass sie mit 46 eine 39-Jährige spielen muss. Fazit: ziemlich zielgruppengereucht! (Text-Stand: 12.11.2008)