Eva und Marc trauen ihren Augen nicht. Das Ex-Ehepaar will ihr einstiges Traumhaus in Südtirol verkaufen. Doch das ist völlig heruntergekommen. Ihnen bleiben fünf Tage, um es verkaufsfördernd aufzuhübschen. Sie engagieren einige Handwerker aus der Gegend – die bringen zwar Leben in die Bude, aber anpacken müssen vor allem Eva und Marc. Doch die Verstärkung naht: die neuen Partner wollen unbedingt mithelfen. Ahnen sie, was das Ex-Paar noch nicht weiß: dass es noch viel Sympathie gibt zwischen den beiden, dass da noch Gefühle sind, weil die Trennung viel zu überstürzt – ohne sich jemals ausgesprochen zu haben – vollzogen wurde. Was die neuen Partner übersehen: Eva und Marc haben jetzt nicht nur die Möglichkeit, den anderen noch mal intensiv zu erleben, sondern sie haben durch ihre Anwesenheit auch die Möglichkeit, den alten mit dem neuen Partner zu vergleichen.
Foto: Degeto / Thomas K. Schumacher
Der Zuschauer weiß das alles natürlich auch – und er hofft auf die zweite Chance für Eva und Marc alias Julia Brendler und Stephan Luca. Und so baut die ARD-Alltagskomödie „Trennung auf Italienisch“ vor allem auf das Prinzip: der Weg ist das Ziel. Dadurch gibt es – gerade weil der Film keine „großen“ Themen stemmt – Vieles zu entdecken, was über die Konventionen einer romantischen Komödie, die Rituale einer sogenannten „Remarriage Comedy“, hinausgeht. Anfangs werden mal ironisch, mal durchaus ernsthaft die Unterschiede zwischen den beiden, zwischen den Geschlechtern, aufs Tapet gebracht: Er will planen und reden, sie will durchstarten und machen. „Das wird doch wieder so eine Eva-Chaos-Aktion“, heißt es von Seiten des männlichen Bedenkenträgers. Alte Beziehungsmuster treten offen zu Tage. Kleine Spitzen, unterschwellige Vorwürfe. Doch Streit ist nicht das Ziel („Ich kann eben nicht aus meiner Haut“) und so raufen sich die beiden zusammen, werden einsichtiger und rücksichtsvoller. Oder sie merken zumindest, nachdem sie eine nicht allzu große Nettigkeit („Du weißt ja, wie das ist mit dir – und Alkohol“) ausgesprochen haben, dass sie mal wieder in die Beziehungsfalle getappt sind. Die Figuren sind also weder emotionale Krüppel noch Befehlsempfänger einer allmächtigen Dramaturgie. Es sind Filmcharaktere, die viel Alltag in sich aufgesogen haben. Ihre Realität bestimmt die Geschichte, die Logik ihrer Kommuni-kation entscheidet, wann der Zuschauer Informationen aus der Vorgeschichte des Paares bekommt. Daraus ergibt sich ein alltagsnaher, sehr situativer Angang der Geschichte. Der Augenblick zählt. Beim Renovieren beispielsweise (da sind die Frauen und die Männer unter sich, während sich nachts die Paare austauschen) lässt sich gut von früher erzählen. Erst als die neuen Partner ins Haus flattern, erfährt der Zuschauer, ob er sich das alles richtig zusammengereimt hat, mit dem vermeintlichen Ehebruch und der Scheidung.
Foto: Degeto / Thomas K. Schumacher
Soundtrack: Jovanotti („Estate“ / „Ti porto via con me“), Rocco Granata („Marina“), Eros Ramazotto/Nicole Scherzinger („Fino All’estasi“), Earth Wind & Fire („September“), Los Lobos („La Bamba“), Claudia & Asu („Zalele“), Paolo Conte („Via con me“), Adriano Celentano („Non esser timida“), Perry Como („Papa loves Mambo“)
„Trennung auf Italienisch“ verströmt zwar durchaus südländischen Flair, der Blick auf die Landschaft, auf die Menschen, ist aber der Blick der beiden Hauptfiguren. Er ist ein wenig geprägt von Wehmut. Wenn Marc sagt, „Ich hab ganz vergessen, wie schön das hier ist“, und dabei Eva anschaut, ahnt man, dass er damit vielleicht noch mehr sagen will. Überhaupt gelingt es dem Film vorzüglich, das vermeintlich Banale mit dem vermeintlich Sinnträchtigen auf eine wunderbar beiläufige Art kurzzuschließen. Ein Schlüsselmotiv ist eine alte Kinderwiege, die als eine Art Gefühlskatalysator mehrfach ins Spiel kommt. Als das Ex-Paar die Wiege am Ende aus dem renovierten Haus trägt, steckt in diesem Bild die ganze unglückselige Trennungsgeschichte. Die Idee, die verdrängten Gefühle der Protagonisten am Ende in einer Hochzeit kulminieren zu lassen, ausgerechnet an dem Ort, wo sich auch Eva und Marc das Ja-Wort gaben ist eine von vielen guten Drehbuch-Ideen. Für das Setting dieser wenig überzogenen Alltagskomödie ist es auch sehr passend, dass die nationalen Mentalitäten, deutsche Strenge und Tüchtigkeit vs. italienisches Dolce Vita, nicht zu Tode geritten werden. Wohl dosiert wird gleichsam Komisches mit ernsthaft Emotionalem. Im Idealfall fließt die eine in die andere Stimmung: eine absurde Verfolgungsjagd mit dem Moped – und plötzlich liegen sich die beiden in den Armen. Das alles aber wäre nicht viel wert, wenn einen nicht von der ersten Minute an Julia Brendler und Stephan Luca mitnehmen und neugierig machen würden auf das, was sich in dieser kleinen Sommergeschichte, die den Zuschauer nie für dumm verkauft, auf dem Weg zur erhofften zweiten Chance alles entdecken lässt.