Schöne Frauen, prächtige Villen, schnittige Autos vor Postkartenkulisse. Die Sonne scheint immerfort, das Meer ist blau, und mittendrin in diesem ebenso edlen wie plakativen Ambiente ermittelt Toni Costa in seinem zweiten Fall für die ARD-Tochter Degeto. In der Episode „Küchenkunst“ wird der Sous-Chef, der stellvertretende Küchenmeister, im einzigen Sterne-Restaurant auf der Insel erstochen. Der Mann war ein rechter Fiesling, aber vielleicht nur ein Zufallsopfer, denn am Tatort in der Küche wurde zugleich ein Nachtisch mit Gift präpariert. Der Nachtisch ist eine Spezialität, die bei einer Hochzeit nur dem Brautpaar kredenzt wird. Und am Tag nach der Tat heiraten der Chef des Restaurants & seine junge, bildhübsche Frau.
Ein paar spannende Momente kann man diesem Toni-Costa-Fall durchaus attestieren. So bedarf es einer Giftanschlag, einer Leiche in einer Tiefkühltruhe und einem zum Schweigen gebrachten Restaurant-Kritiker, bis der Kommissar den Bösewicht stellt. Das Finale auf dem Meer legt die verblüffende Erkenntnis nahe, dass es auf Ibiza keine Wasserschutzpolizei gibt, aber solche Details sind nur Marginalien. Schwerer wiegt, dass viele Figuren so unecht, so schlecht und klischeehaft erfunden sind: Die glutäugige Schöne aus dem Armenviertel, die sich erfolgreich hochschläft; der schmierige Restaurant-Chef mit halb geöffnetem Hemd, den man für einen Mafia-Boss halten könnte. Und obendrauf gibt’s noch einen Ödipus-Komplex.
Gekaufte Liebe, gekaufter Erfolg – Ibiza sieht schön aus, aber hinter der neureichen Kulisse ist die Substanz marode. Dieser vermeintlich kritische Ansatz ist nicht mehr als ein ranziger deutscher Spießerblick auf die Ferien-Insel. Das ist wie Fernsehen für Deutsche, die sich schon immer darüber geärgert haben, dass so wenige Einheimische im Spanien-Urlaub ihre Sprache sprechen. Irgendwie folgerichtig, dass alle „Ola“ und „Buenos Dias“ sagen, aber ansonsten Deutsch reden. Eine Verfremdung, die die Künstlichkeit der Figuren nur verstärkt. Die hölzernen Dialoge in dieser phantasielos-routinierten Inszenierung tun ihr Übriges. Wenn es mal so richtig lustig werden soll, sagt Costa zur irgendwie verdächtigen Sternekoch-Gattin, der der Verzehr einer mit Faltentintling vergifteten Paté nichts ausgemacht hat: „Da haben Sie ja noch mal richtig Glück gehabt. Oder soll ich sagen: Glückspilz?“ Wie witzig!
Insofern gelten mildernde Umstände für die Schauspieler. Dennoch: Was sich das Ensemble da zusammenspielt! Toni Costa trägt Dreitagebart, ein schmuckes Halskettchen im Ibiza-Look und den stets gelangweilt-coolen Gesichtsausdruck von Hardy Krüger jr., egal, ob ihm gerade eine Leiche unterkommt oder die Lebensgefährtin mit ihrem ehemaligen Freund flirtet. Seine Kollegin Elena (Edita Malovcic) verdreht entweder die Augen oder zieht einen Schmollmund. Seine Freundin Karen (Katja Woywood), die wegen der wiederentdeckten Gefühle für ihren Ex-Freund ein schlechtes Gewissen plagt, blickt bei jedem harmlosen Handyklingeln ungeheuer ertappt drein. Auch Collien Ulmen-Fernandes kann ihrer Figur, der von allen begehrten Sternekoch-Gattin Carmen Arrabal, nicht einen Hauch Leben einflößen. Auch keinen Funken erotischen Knisterns. Nur das sardonische Grinsen von Gregor Bloéb als José Arrabal bleibt als Ausdruck purer Boshaftigkeit in Erinnerung. Bei dieser Fernseh-„Küchenkunst“ war dann doch eher der Schmalhans Küchenmeister. (Text-Stand: 8.3.2012)