Großeinsatz der Berliner Polizei. Frank Keller bahnt sich mit seiner Anwältin als Geisel den Weg in die Freiheit. Über die 15 Jahre Haft hinaus soll die Gesellschaft auch weiterhin vor dem gefährlichen Polizistenmörder geschützt werden: der Antrag auf Aussetzung der Sicherheitsverwahrung wurde abgewiesen. „Jetzt wird abgerechnet, alles zurückgezahlt – und zwar mit Zinsen“, brüllt er Bruno Theweleit an, jenen Hauptkommissar a.D., der ihn einst hinter Gitter brachte. Aus dem Racheplan wird erst einmal nichts. Denn die junge Polizistin Lena Frey kommt dem entflohenen Häftling in die Quere. Beim zweiten Aufeinandertreffen hat nur sie eine Pistole – dennoch kann Keller entkommen, nicht ohne ihr seine Unschuld zu beteuern. Kellers Komplice Samir soll die Polizistin erschossen haben. Der ist längst auf der Flucht. Auch der angeschossene Keller taucht unter, verkriecht sich in der S-Bahn. Wer wird wen verraten? Wer hat die besseren Informanten? Wer den längeren Atem? Pacht und seine SOKO? Lena Frey, die Kämpferin für Recht und Ordnung? Oder Ex-Bulle Theweleit, der noch ein letztes Mal mitspielen will und bei der Wahl seiner Methoden nicht zimperlich ist?
Foto: ZDF / Sandra Hoever
Der Polizeithriller „Tod einer Polizistin“ kommt schnell zur Sache. Ein Schwerverbrecher bricht aus – und scheint Rachepläne zu schmieden. Nach einer dynamischen Exposition treffen bereits nach wenigen Minuten die beiden vermeintlichen Hauptkontrahenten aufeinander: der Verbrecher mit, der ehemalige Polizist ohne Waffe. Ein zweiminütiges Intermezzo – danach sieht man zwei einsame Wölfe tun, was sie offenbar tun müssen: Keller sucht seinen Komplicen und Theweleit, der von Lena Frey & Co so gut es bei seiner Sturheit eben geht Personenschutz bekommt, nimmt gleich in mehrere Richtungen die Witterung auf. Er braucht keine Dienstmarke, um Menschen, die er für „Dreck“ hält, übel zuzurichten. Götz George spielt ihn als einen Mann, der sich durch seine Taten definiert. Man weiß, dass er ein hochverdienter Polizist war, man sieht, dass er noch immer als Ausbilder an der Polizeiakademie tätig ist, dass er allein lebt, ein Hund seine engste Bezugsperson ist und dass er keine Angst hat, weil für ihn sein Leben offenbar nicht mehr viel wert ist. Darüber hinaus verrät Götz Georges Spiel dem Zuschauer wenig. Die Psychologie, die Haltung, die Gefühle seiner Figur weiß er zu verbergen – was auch zum sozialen Rollenspiel Theweleits gehört.
Rosalie Thomass über junge Frau vs. erfahrene männliche Kollegen:
„Die zielstrebige Art, mit der Lena Frey durch die Geschichte durchmarschiert, hat mich getragen. Sie nimmt keine Umwege, macht sich keine Gedanken über Status und Machtverhältnisse. Also habe ich mir auch keine gemacht. Ich habe versucht, meine Kollegen durch Lenas Augen zu betrachten. Vor allem bei Götz Georges Theweleit ging das gut. Lena hat Respekt vor ihrem Lieblingsprofessor, das hält sie aber nicht davon ab, ihn und sein Handeln in Frage zu stellen. Dabei reizt sie die Grenzen aus, die durch den Alters- und Erfahrungsunterschied gegeben sind. Ich habe versucht, es ihr gleich zu tun. Den großen Respekt vor meinen männlichen Kollegen nicht mit Angst zu verwechseln und einfach unbeirrt meinen Weg in dieser Arbeit zu gehen. Ich war für meine Verhältnisse recht ruhig und habe viel beobachtet. So habe ich eine Menge gelernt von den Männern.“
Foto: ZDF / Sandra Hoever
Zur Mitte des Films hin verschwinden die beiden vermeintlichen „Gegner“ immer häufiger von der Bildfläche. Lena Frey, geradlinig und sehr physisch von Rosalie Thomass gespielt, gerät ins Zentrum der Handlung. Mit der Verschiebung der Perspektive verändert sich die Geschichte. Aus dem Rachefeldzug scheint nichts zu werden, und auch das Duell bleibt vorerst aus. Erst einmal legt sich die junge Kollegin mit den alt gedienten Polizisten an, mit dem zynischen Macho Günther Lehmann (Uwe Kockisch wie man ihn kennt und mag), mit dem ihr wohl gesonnenen Big Boss Michael Pacht (Uwe Preuss spielt grundsolide den Grundsoliden) und immer wieder mit dem als Ekel verschrienen Bruno Theweleit, vor dem sie Respekt hat und dem sie dennoch wegen seiner Alleingänge Schutzhaft androht. Die alten Haudegen, die Polizei als Familie, dieser ganze Ehrenkodex ist ihr fremd. Diese Männer von gestern gehen ihr auf den Geist. Da rutscht der sonst so Coolen in ihrer Wut sogar einmal die Unterstellung der Selbstjustiz heraus. Aber ist Theweleit wirklich ein „Dirty Bruno“?
Matti Geschonneck hat „Tod einer Polizistin“ angenehm zurückhaltend, ganz im Sinne des Genres, inszeniert: der Film ist klar fotografiert, auf Erzählfluss und Spannung geschnitten und im Detail mit wenig ästhetischem Beiwerk verziert. Nicht zu cool, nicht zu edel, ohne visuelle Metaphern, wie Geschonneck sie in seinen puren Beziehungsdramen liebt. Dadurch kommt der Erzählrhythmus nie ins Stocken, damit rücken aber auch die Schauspieler und mit ihnen die Charaktere in den Vordergrund, nicht als Bedeutungsträger, sondern als Handelnde. Sie sind das Zentrum des Films, der Geschichte. Anders als bei Magnus Vattrodts Drehbuch zum Deutschen-Fernsehpreis-gekrönten Justizkrimi „Das Ende einer Nacht“ entwickelt sich „Tod einer Polizistin“ insgesamt weniger zu einem Duell. Es gibt mehrere Kampfzonen, die in dem wendungsreichen ZDF-Film ausgeleuchtet werden: spannender als der Zweikampf zwischen dem Ex-Häftling und dem Ex-Bullen ist der Generationenkonflikt, der vom Geschlechterkonflikt überlagert wird. Den (mittel)alten Männern scheint ihr letztes Stündlein geschlagen zu haben. Eine junge Frau stiehlt ihnen die Show… (Text-Stand: 12.12.2012)