Tatort – Todesengel

Sabine Postel: Bremer Sozialkritik mit einer miesepetrigen "Tatort"-Kommissarin

Foto: RB / Jörg Landsberg
Foto Rainer Tittelbach

Ein Heckenschütze geht um in Bremen. Was als Sozialdrama beginnt, zwischenzeitlich Thriller-Züge annimmt, endet mit einem nervenaufreibenden Showdown und Kommissarin Lürsen nervt mal wieder. Dennoch ein überdurchschnittlicher Bremen-„Tatort“.

Endlich mal wieder ein gelungener „Tatort“ aus Bremen. Kein verschwiebeltes Verschwörungsszenario, kein pessimistisches Polit-Plädoyer wie zuletzt beim Jubiläumsfall, sondern ein echter Krimi aus der (so scheint es mal wieder) tristesten Stadt Deutschlands. Was als Sozialdrama beginnt, zwischenzeitlich Thriller-Züge annimmt, endet mit einem nervenauf-reibenden Showdown, bei dem vor der Kulisse eines Stahlwerks nicht nur Metall kocht. Thorsten Näters Geschichte vom „Todesengel“, einem mordlüsternen Heckenschützen, der sich durch soziale Isolation und Flucht in Videospielwelten stets auf dem Sprung zum Amokläufer befindet, ist thematisch aktuell und psychologisch plausibel, gekonnt inszeniert und – obwohl sich der Täter rasch abzeichnet – bis zur letzten Minute spannend. Das Schweigen in der Familie und die tragischen Traditionslinien, die sich zwischen Eltern und Kindern fortspinnen, dieses unheilvolle Beziehungsmuster muss Kommissarin Lürsen auch am eigenen Leib erfahren. So will ihre Tochter in den Polizeidienst, scheut aber das Gespräch mit der dominanten Mutter. Auch dem Zuschauer macht es diese allseits betroffene Übermutter, bei ihrer Tochter alles andere als eine gute Mutter, einmal mehr nicht leicht. Auch Sabine Postels vorwurfsvoller Ton und das ewig gequälte Gesicht, in dem sich der ganze Dreck der Zivilisation zu spiegeln scheint, ist nur schwer 90 Minuten zu ertragen. Dennoch: der stets sozialkritische „Tatort“ aus Bremen ist unverzichtbar und diese miesepetrige Kommissarin ist ein authentisches Stück Deutschland. (Text-Stand: 10.7.2005)

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Reihe

RB

Mit Sabine Postel, Oliver Mommsen, Camilla Renschke, Christina Große, Katrin Pollitt, Benjamin Morik

Kamera: Joachim Hasse

Schnitt: Birgit Hemmerling

Musik: Birger Heymann

Produktionsfirma: Radio Bremen

Drehbuch: Thorsten Näter

Regie: Thorsten Näter

EA: 10.07.2005 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

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