Der Inspektor des Tierparks Hagenbeck (Raimund Harmstorf) liegt tot im Elefantenhaus. Feinde hatte dieser mehr als genug. Noch am Abend seines Ablebens stauchte er seinen Buchhalter (Franz Rudnik) zusammen und verordnete ihm eine Nachtschicht. Außerdem verband ihn mit dem Tierarzt (Peter Bongartz), dem er einst die Freundin, eine Kollegin von ihm aus dem Veterinärbereich (Hannelore Elsner), ausgespannt hat, eine langjährige innige Feindschaft. Und auch den Sohn des Tierarztes (Ben Becker) hatte der Ermordete auf dem Kieker, weil er ein Verhältnis hatte mit seiner Tochter (Kerstin Draeger). Potenzielle Mörder also gibt es reichlich für die Kommissare Stoever und Brockmöller. Und dann ist da auch noch die Vergangenheit des Toten: Offenbar war er mal eine große Nummer beim Zirkus. Sein Chef von damals (Arnold Marquis) aber hält sich bedeckt und will sich an nichts erinnern…
„Tod im Elefantenhaus“ ist einer der am häufigsten – und immer noch fast jährlich – wiederholten „Tatort“-Episoden aus den 1980er Jahren. Der Film von Grimme-Preisträger Bernd Schadewald („Der Hammermörder“) ist ein zumindest für damalige Verhältnisse überdurchschnittlicher Krimi. Ein typischer Rätselkrimi. Entsprechend die Dramaturgie: Die ersten 15 Minuten leuchten die Vorgeschichte aus, sie zeigen die angespannten Beziehungen und sie präsentieren dem Zuschauer mindestens drei Hauptverdächtige. Die Kommissare betreten erst nach 17 Minuten die Szenerie – und es dauert rund 50 Minuten, bis sie den Zuschauer in punkto Wissen eingeholt haben. Heute gilt so etwas selbstredend als schlechtes Autorenhandwerk. Bei „Tod im Elefantenhaus“ aber drückt man gern ein Auge zu – weil der Whodunit als Whodunit respektabel und weil die feine Ironie zwischen Stoever/Brockmöller – im Kontext eines solchen zeitgemäß betulichen Films – besser funktioniert, als man es in Erinnerung hatte. Vor allem aber macht der Film fast 30 Jahre nach seiner Entstehung Laune, weil er ein Wiedersehen mit populären Fernsehgesichtern ermöglicht: neben Manfred Krug und Charles Brauer sind die betörend schöne Hannelore Elsner, Peter Bongartz und Evelyn Hamann in einer ihrer typischen (selbstreferentiellen) Sekretärinnen-Rollen zu sehen.
Das Spiel von „Seewolf“ Raimund Harmstorf – die Bosheit seiner Figur hätte für 90 Minuten ausgereicht – besticht zwar durch die Unart des 70er/80er-Jahre-Overactings (was eine Entsprechung findet in der künstlich dramatisierenden Musik) – aber nach 15 Minuten hat es damit glücklicherweise ein Ende. Die anderen Schauspieler spielen, was ihre Textbücher hergeben. Ende der 80er Jahre war das nicht viel: der Fernsehrealismus speiste sich dialogisch noch aus einem für heutige Ohren seltsamen Gemisch aus vermeintlich salopper Umgangssprache und einem drögen Papierdeutsch. Auch Ben Becker, der damals noch aussah wie Bobbele Beckers Bruder, macht da keine Ausnahme. Allein Krug und Brauer scheinen sich eine andere Qualität der Dialoge ausbedungen haben. Oder haben sie vielleicht noch selbst Hand angelegt (später hat Krug das Nachbessern seiner Rollen bekanntlich abgelehnt: das sei Aufgabe der Autoren – dafür werde er nicht bezahlt)? Und noch bei einem anderen Schauspieler (der hatte leider nur zwei Szenen) klingen die knappen Sätze großartig. Arnold Marquis, damals der bekannteste deutsche Synchronsprecher (John Wayne, Robert Mitchum, Kirk Douglas, Richard Widmark, Charles Bronson, Lee Marvin, Yves Montand). Allein um diese Stimme noch einmal zu hören, lohnt dieser „Tatort“. (Text-Stand: 2015)