„Wenn Du eine Botschaft hast, schick’ sie mit der Post“, ätzen Hollywood-Profis gern. Kein Wunder: Der Reihe „Tatort“ tut es selten gut, wenn die Autoren ein Anliegen haben. Auch der Radio-Bremen-Krimi „Schwelbrand“ von Thorsten Näter ächzt gelegentlich unter seiner Botschaft. Die Fans von Jeanette Biedermann wird das vermutlich nicht stören: Selten war ein „Tatort“ so sehr auf seine Hauptdarstellerin zugeschnitten. Tatsächlich hätte es kaum darstellerische Alternativen gegeben, schließlich ist Protagonistin Dana eine deutsche Pop-Ikone. Näter brauchte also eine singende Schauspielerin, die genug Charisma hat, um ganze Teenie-Schwärme glaubhaft zum Kreischen zu bringen. Während Biedermann diesen Part erwartungsgemäß problemlos absolviert, ist die ehemalige Seriendarstellerin („GZSZ“) in den schauspielerisch anspruchsvollen Passagen weniger wirkungsvoll.
Soundtrack: Jeanette Biedermann („Can the Can“, „Imagine“), MIA („Hungriges Herz“), Mattafix („Big City Life“), Stefan Gwildis („Lass ma‘ ruhig den Hut auf“), Mike Leon Grosch („Don’t let it get you down“), Revolverheld („Mit dir chillen“)
Auch das aber werden ihre Fans verschmerzen, zumal Näters Geschichte komplex und reizvoll ist: In Bremen treffen sich diverse deutsche Musiker zu einem „Rock gegen Rechts“-Konzert, darunter auch Dana. Dem „Tatort“-Stammpublikum werden die Namen nichts sagen, doch jüngere Zuschauer dürften ganz schön beeindruckt sein; auf der Gästeliste stehen unter anderen Mattafix, Revolverheld, Die B.wegung und MIA. Mobil hat jedoch auch die rechte Szene gemacht; die Stadt wimmelt nur so von Glatzen in Bomberjacken. Das wird einem ausländisch aussehenden Plakatkleber zum Verhängnis. Seine Flucht endet in einer Glasscheibe; später wird er seinen Verletzungen erliegen… Der eigentliche Fall aber ist ein zweiter Mord: Eine junge Frau aus Danas Begleitung wird tot in der Nähe von Danas Elternhaus gefunden. Sie trägt den roten Mantel der Sängerin, so etwas wie ihr Markenzeichen. Auf den ersten Blick ist der Fall klar: Die Neonazis hatten es auf Dana abgesehen und versehentlich die ihr flüchtig ähnliche Assistentin ermordet. Bei näheren Befragungen des Dana-Clans zeigt sich jedoch, dass gleich mehrere Menschen aus dem engsten Umfeld des Pop-Stars richtig sauer auf die Tote waren; aber auch auf die Sängerin.
Über weite Strecken muten die kriminalistische Ebene wie auch die Bilder von den Konzertvorbereitungen aber bloß wie ein Vorwand an. Im Zentrum steht eindeutig die Absicht, über die Machenschaften der Neonazis zu informieren. Entsprechend oft geraten die Darsteller ins dialogische Dozieren. Thomas Sarbacher verkörpert den modernen Rattenfänger, der neoliberal verbrämte Reden schwingt; moralischer Gegenspieler ist ein nicht näher bezeichneter Antifaschist (Buddy Elias, letzter lebender Verwandter von Anne Frank, in einem Gastauftritt), dessen Lehrsätze aus dem Antifa-Brevier allerdings wie ein Fremdkörper wirken. Viel interessanter ist die Figur von Danas Bruder. Zunächst ist Markus (Sven Fricke) bloß ein Mitläufer, der als V-Mann für den Staatsschutz arbeitet, sich schließlich zum Wortführer entwickelt und auf diese Weise dafür sorgt, dass zwar der Fall gelöst wird, das Ende aber in gewisser Weise trotzdem offen bleibt. (Text-Stand: 21.1.2007)