Wenn Kommissare bei Verhören plötzlich auf der anderen Seite sitzen, weil sie eines Verbrechens verdächtigt werden, geraten serielle Krimis oft an den Rand der Glaubwürdigkeit. In dem neuen Bodensee-„Tatort“ ist es Klara Blums junger Kollege Kai Perlmann, der zur sprichwörtlichen falschen Zeit am falschen Ort war. Um dem Zuschauer die Abwechslung zu gönnen, den schnieken Überflieger mal reichlich schwitzen zu sehen, um das Unerhörte erzählen zu können, musste zu viel aufgefahren werden, was dem Krimi nicht gut tut.
Dem schönen Kai wird eine Affäre mit einer Frau aus dem Drogenmilieu zum Verhängnis. Sie wird ermordet und Perlmann war offenbar der Letzte, der sie lebend gesehen hat. Er leugnet die Liaison. Für Klara Blum ein klarer Fall von „bewusstem Verschweigen tatrelevanter Informationen“. Den beiden Kommissarsanwärtern, die sie zu betreuen hat, will sie zeigen, wie man korrekt, mit unverstelltem Blick ermittelt. „Ich muss mich an die Fakten halten und nicht an die Person“, sagt sie. Perlmann wähnt sich derweil im falschen Film. „Wir werden zeigen, dass wir auch im Innern mit aller Strenge und Sorgfalt ermitteln“, stachelt der Oberstaatsanwalt Kommissarin Blum an. Die Verdachtsmomente gegen Perlmann erhärten sich. Doch dann kommt der große Auftritt seiner Chefin am Verhörtisch.
So einfallslos und überzogen der Titel, „Im Sog des Bösen“, so wenig überzeugend ist auch alles andere im neuen SWR-„Tatort“. Dass Blums Kollege ein Mörder sein soll – das steht für den Zuschauer außer Frage. Der Reiz einer solchen Konstruktion liegt vielmehr darin, wie sich „der Fall“ auf die interne Kommunikation auswirkt und wie der junge Mann den Kopf aus der Schlinge bekommt. Beides lässt sich bestenfalls als „business as usual“ abhaken. Blum gibt die Unbestechliche, Perlmann ist menschlich enttäuscht.
Die Frage nach dem „Wie kommt es zur Rettung“ beantwortet der Film von Didi Danquart weitgehend spannungslos. Die Überführung des Mörders hat etwas von einem Taschenspielertrick. Und dem parallelen Pharma-Fall fehlt jegliche Bindung zum Perlmann-Drama. Autorin Susanne Schneider zaubert vieles aus dem Hut, aber es geht wenig zusammen, und Emotionen kommen schon gar nicht auf. Die kriminalistische Konstruktion ist zum Fürchten, die Dialoge sind Aufsager wie aus dem Serienkrimi-Handbuch und die Gast-Darsteller wirken seltsam leblos. Da können auch Mattes und Bezzel nichts mehr retten.