Ein Kunstexperte ist offenbar vom Dach gesprungen. „Jetzt ist Schluss!“ steht auf dem Blatt, das in seiner Schreibmaschine steckt. Batic will sich mit dem Selbstmordgedanken nicht anfreunden, ermittelt weiter – und muss sich ironisch-neurotische „Vorträge“ vom erklärten Erzfeind des Toten anhören. Derweil darf sich der krank geschriebene Leitmayr ganz andere Dinge anhören. „Du bist mir relativ nahe getreten“, haucht ihm die schöne Anne nach der ersten Nacht ins Ohr. Sie hat ihm bei einem Beinahe-freien-Fall das Leben gerettet. Nach der zweiten Nacht steigt in ihm die Ahnung auf, die schöne Kunststudentin könnte etwas mit dem Tod des renommierten Kunstkenners zu tun haben. Er informiert Batic und wenig später liegt er in seinem eigenen Blut: seine Liebste hat ihm eine Rotweinflasche über den Kopf gezogen.
„Im freien Fall“ ist Krimi, Drama und Liebesfilm zugleich. Wann sah man schon mal eine Reihen-Figur so stimmig aus ihrer Rolle fallen? Erotik, Spiel und tiefe Tragik durchwirken die drei schicksalhaften Tage von Kommissar Leitmayr. Ohnehin traumatisiert von seinem Unfall taumelt er zwischen Pflicht und Neigung durch ein märchenhaft goldgelb erleuchtetes München, bevor die grausame Realität ihn einholt. Der liebesleidende Kommissar a.D. im falschen Pelz, ein Geschenk der herzallerliebst überspannten Kunstfälscherin für ihren Franz – „mein kleines Lamm, mein Unschuldslamm“. Autor Alexander Adolph hat nicht nur dem Mysterium Frau eine fürs Prime-Time-Fernsehen ungewöhnliche Variation abgerungen, das von „Geheimniskrämerin“ Jeanette Hain bezaubernd zum Leben erweckt wird, sondern auch der „Tatort“-Reihe dramaturgisch ein kleines Meisterstück hinzugefügt. Köstlich Nikolaus Parylas Kunst-Fanatiker, ein rhetorisch perfekter Autist, der eine Vorliebe für Lebensmittel jenseits des Verfallsdatums hat. Grandios die Szene in Leitmayrs Single-Bude („so wohnen also Architekten“), in der alle Gefühlslagen des Films, das Verspielte, das Magische, das Tragische, das Dramatische, abgerufen werden. „Im freien Fall“, von Jobst Oetzmann mit viel Gespür für Zwischentöne inszeniert, holte fünf Grimme-Preise. (Text-Stand: 4.11.2001)