Ron Klaas, knapp 19, liegt tot auf einem Feldweg bei Ludwigshafen – erschossen. Hochintelligent, arrogant, computerbesessen, so wird der angehende Abiturient beschrieben. Von einigen, auch von seinem Freund Manu (Joel Basman), wurde Ron bewundert. Gleichzeitig stand er kurz vor einem Schulverweis, weil er von seiner Mitschülerin Julia (Leonie Benesch) ein peinliches Video ins Netz gestellt und ein weiteres angekündigt hat. Der zunächst hilfsbereite, aber etwas merkwürdige Vertrauenslehrer Haller (Anian Zöllner) offenbart Lena Odenthal und Mario Kopper, dass Ron Freude daran hatte, seine Mitmenschen bloßzustellen. Was er verheimlicht – dass auch er selbst davon betroffen war. Manu wiederum, der einzige mit engerem Kontakt zu Ron, schweigt. Auch, als Lena und Kopper ein Handyspiel entdecken, in das Ron die Flure der Schule programmierte. Dann entdecken die Kommissare, dass Ron sich Waffen besorgt hatte und Schießübungen machte. Bald keimt in den Kommissaren der Verdacht, dass Ron mit der minutiösen Planung eines Amoklaufs beschäftigt war. Wusste jemand davon und wollte ihn an der Tat hindern? Wo hatte der Junge die Waffe her? Und wer kennt Ron besser: seine Mutter (Kronjäger), die ihren verschlossenen Sohn eines Amoklaufs für fähig hält, oder Manu, der diesen Gedanken von sich weist?
Foto: SWR / Alexander Kluge
Der Südwest-Krimi aus der Feder des „Tatort“-versierten Autors Harald Göckeritz, der bereits gut ein halbes Dutzend Drehbücher für Lena Odenthal geschrieben hat, packt in die Geschichte gleich zwei brisante Themen: Amoklauf an einer Schule und Mobbing durch kompromittierende Fotos im Internet. Das fesselt, auch wenn schon sehr bald zu erahnen ist, in welche Richtung es läuft. Nicolai Rohde findet in seiner Inszenierung die richtige Balance, vor allem in den ruhigen Momenten, den Verhör- und Befragungsszenen, ist der Krimi atmosphärisch dicht und spielt geschickt mit der Spannung. Nur, wenn die beiden Kommissare sich ständig gegenseitig über aktuelle Ermittlungsergebnisse auf dem Laufenden halten, dann verliert der „Tatort – Freunde bis in den Tod“ enorm an Qualität. Da dominieren dann Dialoge von der Stange, es gibt endlose unoriginelle Erklärungen – das ermüdet und nimmt diesem Fall an Strahlkraft und Wirkung. Und auch ein bisschen viel „Kommissar Zufall“ hat Göckeritz in seine Story reingepackt. Da platzt Kripo-Assistentin Keller ins Verhör und plaudert über wichtige Informationen, die der Verdächtige nicht mitbekommen darf. Na ja. Die Schulszenen wurden übrigens im Humboldt-Gymnasium in Ludwigshafen gedreht, das für diesen Krimi zum „Hölderlin-Gymnasium“ umgetauft wurde. Knapp 140 Schülerinnen und Schüler übernahmen Komparsenrollen – ist deshalb erwähnenswert, weil die Szenen in der Schule von Regisseur Rohde sehr lebendig und authentisch, so gar nicht ausgestellt wirken.
Was auch gefällt sind die beiden frischen Jungdarsteller Leonie Benesch und Joel Basman. Sie tragen mit ihrem Spiel die Story mit, vor allem Basman, ein junger Schweizer Mime, meistert die diffizile Rolle überzeugend. Er spielt den scheuen Jungen, in dem es nach dem Tod seines angehimmelten Freundes brodelt, mit fein dosierter Zurückhaltung, aber dennoch mit enormer Emotionalität. Und dann ist da ja noch einer, auf den man sich als Regisseur verlassen und als Zuschauer stets freuen kann: Simon Schwarz. Was der aus der Rolle des zwielichtigen Kleinganoven Frank Ösner herausholt – Hochachtung. Der Österreicher ist derzeit wohl einer der gefragtesten und auch spannendsten Schauspieler im deutschsprachigen Raum.
Zum 58. Mal geht Lena Odenthal, die hinter dem BR-Duo Batic/Leitmayer dienstälteste Ermittlerin der ARD-Vorzeige-Reihe, auf Mörderjagd. War der Südwest-“Tatort“ lange Zeit für (positive) Überraschungen gut, so fehlen seit geraumer Zeit die „Ausreißer nach oben“. Zu sehr sind die Krimis auf die Figur Lena Odenthal zugeschnitten, nur die Rolle bietet kaum mehr Entwicklungsmöglichkeiten. Fazit: Aus dem Südwesten nicht viel Neues.