Die Münster-Mischung bleibt unerreicht: Auch im zehnten Fall sind sich der Kommissar und sein Pathologe in brummiger Hassliebe verbunden. Für das kleine Jubiläum verpflichtete der WDR Matthias Seelig, Autor des großartigen (und Grimme-preisgekrönten) Nico-Hofmann-Thrillers „Der Sandmann“. Seelig konfrontiert das Duo nicht bloß mit einer toten Hellseherin, sondern auch mit einer schlagzeilenträchtigen Vergangenheit: Vor sechs Jahren ist eine Familie ermordet worden. In dem Haus fand sich zwar das Blut der Eltern und eines Sohnes, aber die Leichen waren spurlos verschwunden. Für Boerne (Jan Josef Liefers) war der Fall schon damals klar: Mörderin musste die Tochter (Lavinia Wilson) sein, die zum Zeitpunkt der Tat allerdings im Internat war. Die Leiche der Hellseherin (Gudrun Ritter) wird ausgerechnet in der bis heute leer stehenden Mordvilla entdeckt. Als sich auch ihr Tod als Mord entpuppt, muss Kommissar Thiel (Axel Prahl) die Tat von einst wieder aufrollen.
Schon die geschickt verschachtelte Geschichte ist enorm reizvoll, zumal auch Seeligs verschiedene Ablenkungsmanöver, etwa ein toter Obdachloser, immer wieder zu dem Mordfall aus der Vergangenheit zurückführen. Dessen Auflösung ist schließlich zwar nicht völlig unerwartet, aber doch recht geschickt eingefädelt, wenn auch am Ende einige Fragen offen bleiben. Etwaige Logiklücken überspielen die beiden Hauptdarsteller mit Leichtigkeit, zumal auch Friederike Kempter als Thiels Assistentin Nadeshda beweist, dass sie weit mehr als bloß Stichwortgeberin sein kann. In einer Liga für sich agieren dennoch Prahl und Liefers, die sich unter der Regie von Tim Trageser beinahe einen Wettbewerb an Bosheiten und Seitenhieben bieten. Anlässe dafür gibt es zur Genüge; dafür sorgt nicht zuletzt die kaputte Heizung im Haus des blasierten Boerne, weshalb sich der sture Thiel kurzerhand bei seinem Vermieter einnistet. Schon allein für die schlagfertigen, gern auch mal makabren Dialoge gebührt Seelig ein Sonderlob, während Trageser vor allem die verschiedenen Slapstick-Szenen, in denen Prahl und Liefers nie zu dick aufgetragen, ausgezeichnet gelungen sind.