Während einer Flugschau rast eine Maschine beim Startversuch in die Zuschauer. Viele Kinder sind auf dem Festplatz, einige sind verletzt, ein Junge überlebt das Unglück nicht. Es ist der beste Freund von Eva Saalfelds Neffen Lukas. Wie dem Jungen erklären, dass Emil tot ist? Fassungslos ist auch dessen Vater. Der Schmerz sitzt tief – und Wut steigt in ihm auf, als ihm der Pilot gegenübersteht. Dieser Thomas Arendt sieht sich als Bauernopfer. Der Mann, der selbst einen kleinen Sohn hat, macht den Veranstalter der Flugschau und die Flugsicherung für den Unfall verantwortlich. Alle weisen die Schuld von sich. Saalfeld und Keppler ermitteln wegen fahrlässiger Tötung… und dann haben sie doch ein Mordopfer.
„Tatorte“, aus dessen Krimifall sich nach und nach ein Drama herausschält, gibt es immer wieder: zuletzt in der SWR-Produktion „Altlasten“. Umgekehrt: dass 45 Minuten lang ein Mordmotiv aus der tiefen Tragik eines Schicksalsschlags heraus entwickelt wird – so etwas sieht man selten. Eine weitere Überraschung: Ausgerechnet in einem Film des bislang enttäuschenden MDR-Duos um Simone Thomalla und Martin Wuttke gelingt dieses dramaturgische Kunststück. An den beiden liegt es nicht, dass „Absturz“ zu einem kurzzeitigen dramatischen Höhenflug wird. Das alberne Gekampel zwischen Kommissarin Saalfeld und ihrem Ex Keppler bleibt einmal mehr gewöhnungsbedürftig. Da die beiden in ihrem siebten Fall häufig eigene Wege gehen, halten sich diese aufgesetzten Spielchen indes in Grenzen. Nicht von der Ermittlung der Kommissare, sondern vom Drama eines Vaters wird der Film von Torsten C. Fischer („Romy“) über weite Strecken getragen. Die Sätze, die der wieder einmal überragende Matthias Brandt sagen muss, sind an zwei Händen abzuzählen. Blicke sind die Währung seines Spiels. Auch Jan Henrik Stahlberg überzeugt als Pilot.
Man erkennt schon in den ersten Minuten, dass dieser „Tatort“ kein 08/15-Mörderratespiel werden wird. Die Drehbuchideen inklusive der Auflösung werden gegen Ende des Films zwar zunehmend konventioneller (was die Spannung erhöht, nicht aber die Logik der Handlung), aber die Regie bleibt durchweg auf Augenhöhe mit den Figuren. So wird dieser Krimi immer wieder emotional aufgeladen von den kleinen und großen Dramen der Protagonisten. Bereits die Exposition, die Inszenierung der Flugschau, die Situation vor und nach dem Unglück, beweist, wie sehr es sich lohnt, einen ästhetisch und visuell versierten Regisseur für einen „Tatort“ zu verpflichten. Szenen wie die, in der der Vater mit seinem toten Sohn auf dem Arm aus dem Rettungswagen irrt, oder jene wortlose Begegnung zwischen Opfer und vermeintlichem Täter im Krankenhaus, geben dem Film eine besondere Stimmung und graben sich als Ikonen des Schmerzes tief in die Wahrnehmung des Betrachters.