„Das ist ein kluger, erwachsener Film, sicherlich eines meiner Highlights“, schwärmt Iris Berben von „Silberhochzeit“, einem Fernsehfilm, der tatsächlich herausragt aus der aktuellen TV-Landschaft. Er ist entstanden nach der gleichnamigen Erzählung von Elke Heidenreich. Drehbuchautor Daniel Nocke, dreifacher Grimme-Preisträger, hat die 30seitige Geschichte geschickt verdichtet und weitgehend unprätentiös dramatisiert.
Es ist der Abend einer Silberhochzeit. Das Paar, Alma und Ben, die besten Freunde und deren Partner, an zwei Händen abzuzählen, kommen für einige Stunden zusammen. Sie essen, trinken, der Alkoholspiegel steigt, die Hemmschwellen fallen. Plötzlich werden Dinge gesagt, die man sich noch nie gesagt hat. „Bei Alma stellt sich von Anfang an keine Euphorie ein, bei ihr macht sich eher ein Unwohlsein breit“, so Iris Berben. Ihre Figur stellt die Situation in Frage: „25 Jahre, das bedeutet ja auch, ich bin nicht mehr ganz jung. Wie viel Zeit bleibt mir noch? Wo stehe ich? Bin ich noch da, wo ich mich gesehen habe? Habe ich mich entfernt? Ist es das, was ich mir vom Leben versprochen habe? Wie viel Kompromisse habe ich gemacht?“ Viele Fragen, keine Antwort. Iris Berben übernimmt im Gespräch das Prinzip des Films. So ganz richtig kann Alma ihre Gefühle nicht benennen. „Das ist das Wahrhaftige an dem Film: er gibt keine Antwort darauf, wie man eine Beziehung am Leben hält.“
Gestritten wird auf hohem Niveau, die ausgesprochenen Wahrheiten sind umso tiefer. Und mehr und mehr gerät der Ehemann im Verlauf des Abends in die Defensive. Die Frau denkt und spricht, der Mann stottert und schweigt. „Mir war es wichtig zu zeigen, dass er seine Frau liebt“, sagt Hauptdarsteller Matthias Habich. „25 Jahre, was für eine wunderbare Intimität man erreichen kann, wenn man ein Leben lang zusammen bleibt.“ Ehefrau Alma sieht die Lage völlig anders. Wie kommt es, dass bei Frauen die Alarmglocken meist sehr viel früher läuten? Iris Berben, unverheiratet, aber 31 Jahre mit Gabriel Lewy liiert, meint: „Vielleicht sind Frauen komplexer in ihren Ansprüchen? Vielleicht sind Frauen prinzipiell genauer im Artikulieren ihrer Gefühle und damit auch im Formulieren ihres Unwohlseins. Es könnte sein, dass sich Männer anders einrichten in einer Beziehung. Ich glaube, Frauen sind auch genauer in emotionalen Dingen. Was der Mann unter den Teppich kehren möchte, lassen Frauen raus, weil sich das unterdrückte Gefühl sonst auswachsen könnte zu etwas anderem.
Und Iris Berben weiter: „Sicherlich hat das Gelingen einer dauerhaften Beziehung damit zu tun, dass man sich und den anderen sehr genau beobachtet und dass jeder erkennt, wohin er und der andere sich entwickeln.“ Für die 55-Jährige, die für viele Deutsche noch immer zu den erotischsten Schauspielerinnen hierzulande zählt, ist „Wachsamkeit“ der Begriff der Begriffe beim Zusammenleben der Geschlechter. „Man sollte auch jederzeit offen sein für das Neue, das einem der Partner entgegenbringt.“ Sich immer wieder überraschen lassen!
Die Stimmung des Films ist ernsthafter, geht mehr ans psychologisch Eingemachte als Heidenreichs Kurzgeschichte. Die Ironie der Bestsellerautorin gibt Drehbuchschreiber Nocke allerdings gelegentlich an die Figuren weiter. „Silberhochzeit“ ist ein Kammerspiel, das in der Tradition des klassischen Fernsehfilms steht. Für Schauspieler ist ein Projekt wie dieses ein Geschenk. Stimmige Dialoge, kontinuierliches Drehen, acht Schauspieler, fünf Wochen lang in einem Raum – das hat Seltenheitswert. Ein Geschenk ist es offenbar auch, mit Regisseur Matti Geschonneck zu arbeiten. Ausnahmeschauspieler wie Iris Berben und Matthias Habich, Corinna Harfouch und Axel Milberg, Ulrich Noethen und Gisela Schneeberger geben dieses Geschenk an die Zuschauer eindrucksvoll weiter. (Text-Stand: 13.1.2006)