Schmidt & Schwarz

Harfouch & Gwisdek zanken sich unterhaltsam durch enttäuschende Krimikomödie

Foto: ZDF / Stefan Erhard
Foto Thomas Gehringer

„Schmidt & Schwarz“ – ein Fest für Fans von Michael Gwisdek und Corinna Harfouch, aber ein unausgegorener Film. Kommissarin Schwarz ist Schmidts Nachfolgerin, zwei Kontrast-Typen, die in einer Mordserie an Pädophilen gemeinsam ermitteln. Beide zanken und mögen sich doch. Alle anderen Figuren sind ebenso Staffage, wie die spannungsarme Krimi-Handlung Nebensache ist. Eine Geschlechter-Komödie mit angestrengt derbem Humor.

„Schmidt & Schwarz“ ist eine Familienangelegenheit. Michael Gwisdek und Corinna Harfouch, beide bis 2007 miteinander verheiratet, stehen nach 15 Jahren wieder gemeinsam vor der Kamera. In einem Film, dessen Drehbuch von Gwisdeks jetziger Ehefrau Gabriela geschrieben worden ist – ihr Debüt, nachdem sie zuvor bereits den Roman „Die Fremde“ geschrieben hatte. „Alle drei haben wunderbar und harmonisch zusammengearbeitet und einen besonderen Film entstehen lassen“, teilt Produzent Jan Richard Schuster vom einst Oscar-preisgekrönten Team Wiedemann & Berg („Das Leben der Anderen“) im ZDF-Presseheft mit.

Das Besondere an diesem Film ist leider auch ein besonderes Problem, denn neben Ex-Kommissar Paul Schmidt (Gwisdek) und seiner Nachfolgerin Carolin Schwarz (Harfouch) sind alle Figuren mehr oder weniger Staffage. Auch Polizeirat Wettstein, dargestellt von Michael Schweighöfer. Mit Zopf, Turnschuhen und roter Hose gibt er einen unkonventionellen Vorgesetzten, der gerne „Ist ja pervers“ sagt und sich herzlich darüber amüsieren kann, wenn Schmidt erläutert, sein Name werde mit „dt“ geschrieben – „mit dt wie Damentoilette“. Der Humor ist in diesem komödiantisch angelegten Harfouch/Gwisdek-Fest gewöhnungsbedürftig. Kommissarin Schwarz baut sich gleich zu Beginn vor ihren beiden Kollegen auf und erklärt, die Ermittlungsmethoden ihres Vorgängers „gehen mir am Arsch vorbei“. Auch dürfe sie gerne weiter gemobbt werden. „Das geht mir auch am Arsch vorbei.“

Nichts gegen direkte, ungeschönte Sprache, aber die derben und zotigen Sprüche wirken hier so, als wollte da jemand mal so richtig vom Leder ziehen: eher angestrengt als natürlich. Und den Angeber-Witz aus der Werbung („Mein Haus. Mein Auto. Meine Yacht“) abzukupfern, ist ebenfalls nicht sehr originell. Das Drehbuch erscheint alles andere als stimmig. Schwarz ist Schmidt nie begegnet, aber angeblich furchtbar wütend auf ihren Vorgänger, weil ihre Mitarbeiter ihn anhimmeln. In einer Mordserie an Pädophilen steht sie unter Druck: Als Einzige glaubt sie an die Unschuld einer Frau, deren kleine Tochter vor Jahren getötet wurde. Den Täter konnte Schmidt damals nicht finden. Aus Neugier und Ratlosigkeit sucht Schwarz den Ex-Kommissar auf, der privat immer noch einen Verdächtigen im Fall des Kindesmords beschattet. Das angebliche Genie stellt sich dabei mit angeklebtem Bart und schlecht sitzender Perücke derart stümperhaft an, dass der Film in eine Klamotte abzurutschen droht.

Schmidt & SchwarzFoto: ZDF / Stefan Erhard
Spielen, Singen, Abtanzen und durch – das wird sich wohl Harfouch gedacht haben, als sie das Drehbuch in den Händen hielt.

Der Kriminalfall ist hier ohnehin nur Beiwerk und erzeugt null Spannung. Pädophilie ist ein mit starken Emotionen behaftetes Thema, doch um die damit verbundenen Konflikte geht es hier  nicht. Immerhin werden Gewalt, Trauer und Rache nicht übermäßig zur Schau gestellt. Ein bisschen seltsam und unpassend ist es dennoch, ein solches Thema zu wählen. Und dass eine Geschlechter-Komödie mit einem Krimi-Plot versehen wird, ist ebenfalls nicht einleuchtend. Denn die Handlung dreht sich allein um Schwarz und Schmidt, die sich angiften und zanken, aber – nicht sehr überraschend – im Grunde mögen. Und das ist dank Gwisdek und Harfouch hübsch anzusehen. Er ist der knorrige Berliner und überzeugte Raucher, der sein schlechtes Benehmen mit Stolz vor sich herträgt. Besonders gegenüber Frauen. Sie ist die schlagfertige Karrierefrau, die sich einerseits von den Männern nichts bieten lassen will und andererseits nichts sehnlicher wünscht, als von einem „Engel“ auf Händen getragen zu werden.

Trotz mancher Plattitüde und genretypischer Übertreibung – Kommissarin Schwarz kriegt nicht mal die Tür des eigenen Autos auf – sind die Reibereien zwischen den beiden Figuren, die gegen Einsamkeit und Alter kämpfen, durchaus unterhaltsam. Und die Kamera streift in den Zwischenschnitten mal auf eine andere Weise durch Berlin: auf den Wasserstraßen.
Leider gibt es auch viel Leerlauf, in die Länge gezogene und überflüssige Szenen. So wird Schmidt nebenbei auch noch von einer pöbelnden Jugendgang drangsaliert. Die Jugendlichen sind nur Abziehbilder, Staffage wie alles außer den beiden schönen Rollen für Michael Gwisdek und Corinna Harfouch in einem unausgegorenen Film. (Text-Stand: 26.4.2012)

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Fernsehfilm

ZDF

Mit Michael Gwisdek, Corinna Harfouch, Michael Schweighöfer, Steffi Kühnert, Wolfram Koch, Stephan Grossmann, Thomas Arnold, Alexander Beyer

Kamera: Jens Harant

Schnitt: Marcel Peragine

Musik: Ulrich Reuter

Produktionsfirma: Wiedemann & Berg Television

Drehbuch: Gabriela Gwisdek

Regie: Jan Ruzicka

Quote: 4,65 Mio. Zuschauer (16,1% MA)

EA: 21.05.2012 20:15 Uhr | ZDF

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