„Es ist schwierig für eine Mutter, das Heft aus der Hand zu geben“, sagt Corinna Harfouch. In dem Fernsehfilm „Rose“ spielt sie eine allein erziehende Mutter mit drei (fast) erwachsenen Söhnen. Eine emanzipierte Frau, die mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht, ohne ihre wilde Vergangenheit zu leugnen. Die Schauspielerin konnte sich gut in die Rolle hineinversetzen. „Ich bin selbst ungefähr in Roses Alter, komme auch aus einer Kleinstadt, habe auch drei Kinder und drei Väter für meine Kinder.“ Die Schwierigkeit, sich vom Muttersein zu lösen und die Kinder los zu lassen, kennt Harfouch aus eigener Erfahrung.
„Eine Ode an allein erziehende Mütter“, nennt der Schweizer Alain Gsponer seinen ersten Langfilm. Vom Kraftakt, drei Kinder zu erziehen, wollte er erzählen. Nicht davon, wie beispielsweise Kinder die Suche nach einem Lebenspartner erschweren, was ein beliebtes Thema im konventionellen Fernsehfilm ist. Den „Erzeuger“ der drei Söhne wollten der Regisseur und sein Autor Alex Buresch anfangs sogar nicht einmal im Film real auftreten lassen. „Wir spürten aber bald, dass die Sehnsüchte und Schmerzen der Figuren sehr viel mit der Absenz des Vaters zu tun haben“, betont Gsponer, „und dass man das explosive Gemisch der Familie nur zur Detonation bringen kann, wenn der Vater als Auslöser fungiert.“
Und so ist er eines Tages wieder da. Aber nicht, um seine Jungs zu sehen, sondern um sich in seiner bayerischen Heimatstadt einen Kredit für seine Frankfurter Diskothek zu besorgen. In der Bank trifft er auf Sohn Axi, der dort seine Ausbildung macht – und den er nicht einmal erkennt. Trotz dieses Fauxpas’ wollen dieser und sein kleiner Bruder Stan, der wenige Tage vor seinem 18. Geburtstag nur ans Kiffen und eine Karriere als DJ denkt, ihren Vater näher kennen lernen. Bernd, Der Älteste, der die letzten Jahre die Rolle des Ersatzvaters übernehmen musste, sieht die Sache eher wie seine Mutter: dieser Mann ist nie erwachsen geworden! Das über die Jahre aufgebaute „System Rose“, jenes symbiotische Verhältnis zwischen einer sehr bestimmten, aber auch Freiheiten gebenden Mutter und ihren Söhnen, ist gefährdet.
Vor seiner Fernsehpremiere wurde „Rose“ bereits bei den Hofer Filmtagen und auf der Berlinale gefeiert. Es ist ein kleiner, großer Film, der in seinen (auch psychologischen) Details stimmt, es aber nie ausstellt, sondern dem Betrachter seine Perfektion eher beiläufig vermittelt. Auch das Spiel der überragenden Corinna Harfouch ist trotz Roses Kompromisslosigkeit und Unbedingtheit in ihren Ansprüchen nie laut oder penetrant. Sie legt vielmehr den Gestus einer typischen „Familien-Managerin“ an den Tag. Immer ist Rose in Bewegung, immer tut sie etwas, immer sagt sie etwas. Harfouch: „Ich kenne das von mir selbst sehr gut, diesen Kreislauf: sich erst vorwärts zu schmeißen, etwas von seinen Kindern zu fordern – und dann das schlechte Gewissen, das einen einholt.“ (Text-Stand: 11.5.2007)