Ein Mann mit Traumhaus am Meer – doch die Frau, die jener Architekt Steve über die Schwelle tragen möchte, gibt ihm einen Korb. Da trifft es sich gut, dass am Tag dieser Abfuhr mit Jennifer ein anderes weibliches Wesen auftaucht, ohne Mann und ohne Bleibe. Ein alkoholseliger One-Night-Stand ist die Folge. Für Steve war’s das. Doch weshalb hat sich nach einer arbeitsreichen Nachtschicht im Büro die hübsche Jennifer so dreist in seinem Haus eingerichtet? Und weshalb haben seine Eltern, die getrennt lebend ein prachtvolles Anwesen in der Nähe gemeinsam bewohnen, Jennifer bereits kennengelernt? Und warum haben sie seine „Bettgeschichte“ bereits adoptiert? Glauben sie tatsächlich, die beiden seien verheiratet?
Es hat sich ausgepilchert. „Besetzte Herzen“, sehr frei nach der Kurzgeschichte „A letter from Denis“ der über 100fach verfilmten Kitsch-Queen, verlässt angenehm deutlich die romantische Spur, um sich im Komödienfach zu bedienen. Ein Missverständnis jagt das nächste und keiner der Figuren geht dazwischen, um die falschen Annahmen richtig zu stellen. Das sind bewährte Komödienmuster, nicht der Dramaturgie letzter Schluss – aber mit dem richtigen Timing versehen immer gut für kurzweilige Unterhaltung. Der Charme solcher komödiantischer Handlungsmaschinchen ohne nennenswerte Charakter-Bildung ist maßgeblich abhängig von den Schauspielern: „Besetzte Herzen“ hat mit Henriette Richter-Röhl die in diesem gediegenen ZDF-Mix aus Romantik & Comedy bestmögliche Hauptdarstellerin. Wie sie mit kessem Beiseitesprechen und mit phantastischen Lügengeschichten diese „Wie-angelt-man-sich-einen Millionär?“-Variation aufwertet, das kann man nicht hoch genug veranschlagen. Figur und Schauspieler sind hier nicht zu trennen: Jennifer/Richter-Röhl ist Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Sie ist Überrumpelungskünstlerin, Spielerin, mal berechnend, hinterhältig und zumindest pragmatisch, dann wieder liebenswert, freundlich, einfallsreich und ziemlich hinreißend. Sie bestätigt einerseits den Spruch „Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine kluge Frau“, andererseits führt sie den Spruch „Hinter jedem starken Mann steht eine starke Frau“ köstlich ad absurdum. Nicht nur Träumer Steve ist gegenüber Jennifer ein Leichtgewicht, sondern auch der männliche Hauptdarsteller Christof Arnold gegenüber seiner Kollegin. Gut, dass mit Friedrich von Thun und Gaby Dohm zwei echte Profis im leichten Unterhaltungsfach dem jungen Paar zu Seite stehen. Wie die beiden ihre komisierten Klischee-Rollen an die Frau bringen, das hat Boulevardkomödienklasse.
Was diese Frau-und-Mann-Spiele vor und nach der Ehe geschlechterbilder- und beziehungstechnisch bedeuten – darüber könnte man sich noch Gedanken machen, muss man aber nicht. Dafür ist die Narration zu schlicht und sind die Figuren zu wenig schlüssig durchkomponiert. Es gibt zu wenig herausgearbeitete Schlüsselmomente, in denen sich die Motive der Figuren, ihr Handeln betreffend, deutlich verändern und so das Beziehungsgefüge zum Kippen gebracht werden kann. Dieses Fehlen einer dramaturgischen Tiefenstruktur, das Setzen auf eine oberflächliche Launigkeit, macht ein anderes Moment für die Handlung und das Lustpotenzial für den Zuschauer besonders wichtig: das Lügen der Hauptfigur. Nie weiß man so recht, was im Moment in Jennifer vorgeht. Warum Gretna Green? Weshalb lügt sie sich um Kopf und Kragen? Träumt sie nur von diesem Haus oder auch von dem Mann? Wie hält sie’s mit Besitz und Liebe (eine Frage, die in Bezug auf das Thema Ehe fast parodistisch beantwortet wird)? Wahrheit oder Lüge? Warenwert oder wahre Liebe? Immer wieder muss man sich diese Fragen stellen. Vieles – das ist gut so – lässt sich nur erahnen. Ein Screwball-Comedy-Fan erhofft sich „psychologisch“ etwas anderes, als ein Romantik-Freund. Fazit: Wer sich gern zum Schmunzeln verführen lässt, sollte das „Pilcher“-Siegel mal vergessen.