Die Steckdosen sind kindersicher, alle gefährlichen Ecken und Kanten sind abgeklebt, sogar der Klodeckel hat nun ein Schloss: Alles ist bereit für den Nachwuchs! Es gibt nur ein Problem: Ob sich in dieser Wohnung je ein Kind tummeln wird, obliegt dem Jugendamt. Die Aussicht auf eine Adoption steht eins zu sechs. Ein schwules Ehepaar, fürchtet Michel, belegt von vornherein den letzten Platz; deshalb müssen alle weiteren Rahmenbedingungen stimmen. Als die strenge Frau Lehmann durchblicken lässt, dass sie ihn und Dirk durchaus für geeignet hält, macht der Gatte einen Rückzieher und lässt Michel mit seinem Kinderwunsch sitzen.
Soundtrack:
Louis Armstrong („What A Wonderful World“), Toto („Africa”), Frankie Valli („Can’t Take My Eyes Off You”), Stevie Wonder („Isn’t She Lovely”), Sam Smith & Ed Sheeran („Who We Love”), Alabama Shakes („This Feeling”), The Dø („Dust It Off”)
Foto: ZDF / Ramin Morady
Ungewollte Kinderlosigkeit ist eine erhebliche psychische Belastung und daher im Grunde kein Komödienstoff. Dass Michel (Fridolin Sandmeyer) homosexuell und nun auch noch Single ist, gibt der Geschichte allerdings einen Dreh: Seine Chancen sinken praktisch auf Null, weshalb er sich sogar auf ein schwer vermittelbares Problemkind einlassen würde. Die achtjährige Getsimani ist in der Tat eine kaum zu bewältigende Herausforderung, aber irgendwie raufen sich die beiden zusammen. Als der Traum trotzdem platzt, erwägt Michel weitere Optionen. Es muss doch, Stichwort „Co-Parenting“, sorgerechtsteilungswillige Frauen geben, die zwar ein Kind, aber keinen Mann haben wollen. Die entsprechenden Konstellationen kommen allerdings aus unterschiedlichsten Gründen nicht zustande; unter anderem, weil sich ein „perfect match“ als allzu perfekt entpuppt.
Die sechs Folgen der Serie „Ready.Daddy. Go!“ dauern bloß jeweils zwölf bis fünfzehn Minuten und sind entsprechend kompakt. Zum Glück haben Christoph Pilsl (Buch, Regie) und Sven Hasselberg (Buch) darauf verzichtet, in dieser kurzen Zeit so viele Pointen wie möglich unterzubringen. Bei aller Heiterkeit bleibt dank Fridolin Sandmeyers empathischem Spiel zudem immer genug Raum für Mitgefühl. Selbst wenn gerade die Gespräche mit seiner besten Freundin Elli, Single aus Überzeugung, äußerst witzig sind: Lustig ist Michels Lage nicht. Deshalb ist er auch keine komische Figur, im Gegensatz zu Elli, deren teilweise erfrischend sarkastische Dialoge den Autoren garantiert großen Spaß gemacht haben. Maike Jüttendonk hat schon mehrfach gezeigt, dass sie als Komödiantin richtig Gas geben kann, etwa als Erzieherin in der Mockumentary „Andere Eltern“ (2019) oder im aktuellen „Lassie“-Film. Hier findet sie einen guten Mittelweg zwischen Comedy und dramatischen Momenten. Auf Michels Idee, den Kinderwunsch mit Hilfe einer künstlich befruchteten Eizelle und einer preiswerten indischen Leihmutter zu erfüllen, reagiert Elli zum Beispiel zutiefst empört.
Foto: ZDF / Ramin Morady
Die Themen, die das Drehbuch anschneidet, sind ohnehin ernst zu nehmen, etwa die totale Durchleuchtung potenzieller Adoptionseltern bis hin zur Häufigkeit ihres Verkehrs. Damit die entsprechenden Szenen nicht aus dem Rahmen fallen, hat Pilsl versucht, sie amüsant aufzulösen: Bei der vernehmungsähnlichen Befragung durch Frau Lehmann (Eva Karl-Faltermeier) hebt Michel die Hand, wenn er antworten will. Dazu passt, dass er sich als Kinderbuchautor sieht, in Wirklichkeit aber bloß Bedienungsanleitungen schreibt. Was zunächst ähnlich wie seine gelegentlichen Missgeschicke wie eine unnötige Diskreditierung der Figur wirkt, erweist sich später jedoch als clevere Vorbereitung des dreifachen Happy Ends. Als Besetzung ist Fridolin Sandmeyer ohnehin ebenso treffend wie Florian Jahr, der auch prima ins „Herzkino“ des ZDF passen würde, als reumütiger Dirk. Auch kleine, aber wichtige Nebenrollen sind markant besetzt, etwa mit Teresa Rizos („Wer füttert den Hasen?“, 2023) oder dem einstigen Kinderstar Sidonie von Krosigk („Bibi Blocksberg“), beide als potenzielle Mütter von Michels Nachwuchs. Die eingespielten Songs sind ebenfalls mit Bedacht ausgewählt, zumal sie oftmals die Handlung kommentieren.
„Ready.Daddy.Go!“ trägt das Etikett „Instant Fiction“. Das ZDF hat diese spezielle Produktionsweise während der Corona-Pandemie entwickelt: Es sollte flott gehen und durfte nicht viel kosten. Unter diesen Umständen waren die Ergebnisse, unter anderem „Liebe.Jetzt!“ (2020), „Schlafschafe“, „Loving Her“ (beide 2021) oder „Becoming Charlie“ (2022), erstaunlich eindrucksvoll. Das gilt über weite Strecken auch für Pilsls Serie. Allein die gänzlich humorlose fünfte Folge, in der sich die Geschichte zum Beziehungsdrama wandelt, ist überflüssig und zögert bloß das überraschende Ende hinaus: Manchmal erfüllen sich Träume erst dann, wenn man sie aufgibt. (Text-Stand: 19.7.2023)