Bomber (Tobi B.) ist ein echtes Raubein, klein von Wuchs aber mit einer großen Berliner Schnauze. „Did entscheidenden is, dass te nen Plan hast und ick hab‘ nen Plan“, so Bomber, als ihm sein mies bezahlter Job als Kurierfahrer gekündigt wird. Kurzerhand entschließt er sich, seine letzte Lieferung nicht nach Warschau zu bringen, sondern an einen ominösen Geschäftspartner in Paris zu verhökern. Es kommt, wie es kommen muss: Bomber wird bei dem Deal über den Tisch gezogen und er endet ohne einen Cent an einem Pariser Kiosk. Dort trifft er auf Bruno (Matthias Scheuring), einen stummen Mann im Obelix-Format.
Bruno hilft dem fluchenden Deutschen und nimmt ihn mit in seine Wohnung. Dosenbier macht auch ein Raubein geschmeidig und hilft, Sprachbarrieren zu überwinden. Bomber versteht, dass der große Mann, der ihm einen kleinen Berliner Bären und ein Foto zeigt, mit ihm nach Berlin kommen möchte. So macht sich das ungleiche Paar am folgenden Tag gemeinsam auf den Weg. Die schöne Europe (Stephanie Capetanides), eine Bekannte von Bruno, ist schwanger von einem Deutschen. Sie hat nur ein Foto von dem jungen Mann, mit dem sie eine Nacht verbracht hat und weiß, dass er in Berlin lebt. Europe macht sich getragen von romantischen Hoffnungen auf, Matthias, den Vater ihres Kindes, zu finden.
„Puppe, Icke & der Dicke“ ist eine humorvolle Komödie, die Brüche und Schwächen ihrer Figuren offen legt, ohne sich über sie zu erheben. Felix Stienz (Buch und Regie) hat mit diesem Kinofilm erneut belegt, dass er als Autodidakt, der mehrfach von Filmhochschulen abgelehnt wurde, eine handwerkliche solide Arbeit abliefern kann. Ist das nicht auch eine sehr ermutigende Botschaft, die den Machen mit seinem vom ZDF koproduzierten Film verbindet: Davon, dass Stienz kein Filmhochschulabsolvent ist, hat er sich nicht behindern lassen.
Es ist offensichtlich, dass Stienz den Fokus auf die Figuren gelegt hat. Die Geschichte lebt von den Charakteren und weniger von einer packenden Handlung. Die Rollen sind durchweg gut besetzt. Nicht nur die drei Hauptcharaktere, Tobi B. (Bomber), Matthias Scheuring (Bruno) und Stephanie Capetanides (Europe), ergänzen einander fabelhaft, auch die Nebenrollen bieten den Schauspielern reichlich Spielraum: Etwa für die verkappte Musikerin Eva, Nadia Kibout, oder Europes exaltierte Freundin Vivien, Vivien Bullert.
Felix Stienz hat sich offenbar dafür entschieden, seinen Figuren-dominierten ersten Langfilm dramaturgisch mäandern zu lassen. Das mag man mögen oder nicht, wenn man sich darauf einlassen kann, dass nicht viel passiert, macht der Film sicher mehr Freude. Wie die skurrile Reisegruppe nur über Umwege zum Ziel kommt, so lenkt der Regisseur auch den Zuschauer nicht zielgerichtet auf ein Happy Ending hin. Der Wandel der Figuren bleibt subtil, das Scheitern ist immer eher eine Option als das Gelingen und doch wirkt die Geschichte dabei nicht bedrückend. Im Gegenteil, frei nach Beckett („Ever tried. Ever failed. No matter. Try Again. Fail again. Fail better.“) scheitern Stienz Figuren mit jedem Mal ein wenig besser.
“Puppe, Icke und der Dicke” lebt nicht von großen Ereignissen. Im Grunde erzählt Stienz uns einen Witz: Es waren einmal ein kleiner Quatschkopf, ein dicker Stimmer und eine süße Blinde…. und ehe man sich versieht, steht man vor einem Spiegel und hört Europe mit französischem Akzent sagen: „Everybody ist behindert“. (Text-Stand: 13.7.2014)