Ein Obdachloser schmeißt mit Geld um sich. Ein Familienvater tritt ein paar Stunden später auf eine Ufermine. Kommissar Bukows Kumpel Rolf Schulte kopiert Daten vom PC der LKA-Ermittlerin Katrin König, die angesetzt ist auf ihren Kollegen. Wenig später ist der trockene Alkoholiker Schulte tot: ertränkt, mit reichlich Promille im Blut. Große Aufregung bei den ehemaligen DDR-Kampfschwimmern Heinz und Ulli Kowski und dessen Frau Gisela: ein offener Safe, Hiebe, Triebe, ein Geheimnis aus den letzten Tagen der DDR verbindet die drei.
Der zweite Fall des „Polizeiruf“-Teams aus Rostock führt den Zuschauer tief in eine Abseite der DDR-Vergangenheit. Neben den Kampfschwimmern der Volksarmee kommt auch noch die „Kommerzielle Koordinierung im Außenministerium der DDR“, kurz Koko, zu Krimi-Ehren. Unvermittelt platzt man hinein in diese Geschichte um die einst so stahlharten Männer und einen Goldraub, der sie zusammenschweißt. Die Figuren erklären einem die Geschichte nicht. Edward Berger setzt anfangs seine Szenen scharf gegeneinander, erzählt in Bildern, die Hauptsätzen gleichen. Die Nebensätze, die kausalen Verbindungen, muss sich der Zuschauer selbst zusammenreimen – bis ihn die Kommissare mit Hilfe ihres Ermittlungswissens eingeholt haben. Dann erkennt man, zu was Menschen in der Lage sind, wenn sie die Gier packt.
Edward Berger über die Filmsprache von „Polizeiruf 110: Aquarius“:
„Wir wollten dem Film ein dokumentarisches Gefühl geben, alles echt und dicht einfangen und den technischen Aufwand so gering wie möglich halten. Nehmen wir das Grillfest: da hatten wir 40 Komparsen, die mitfeiern. Sie durften singen, grölen, lachen. Diese Stimmung überträgt sich auf die Schauspieler und nicht zuletzt auch auf das Team. So entstehen Szenen, die echter wirken. Ich wollte, dass der Film einen gewissen Druck und ein hohes Tempo hat, dabei aber nicht die Atmosphäre verliert. Deswegen haben wir mit zwei Handkameras gedreht.“
Wie bereits „Einer von uns“ zeichnet sich „Aquarius“ durch seinen wuchtigen Realismus aus, der dieses Mal noch eine Spur authentischer wirkt als der von den Zwängen eines Reihenauftakts nicht ganz freie Krimi von Eoin Moore. Charly Hübner macht da weiter, wo er als unter Korruptionsverdacht geratener Polizist aufgehört hat: kantig, kernig und sehr reduziert gibt er seinen Familienvater unter Druck. Und Anneke Kim Sarnau stattet nach wie vor ihre etwas weniger glaubwürdig wirkende Figur mit einer großartigen psychophysischen Präsenz und einem Realismus der kleinen Geste aus, die banale oder allzu bedeutungsvolle Sätze sofort aushebelt. Fazit: modern erzählter Krimi mit einem Duo, auf dessen Entwicklung man weiterhin gespannt sein darf. Und das nicht nur, weil Familienvater Bukow, wie seine Träume verraten, diesen flotten LKA-Feger offenbar bei allen Vorbehalten ganz sexy findet.