Die Geschichte vom mürrischen Eigenbrötler, der seine Mitmenschen nicht ausstehen kann, aber ausgerechnet durch Kinder neuen Lebensmut gewinnt, ist wahrlich nicht neu. Der Miesepeter ist eine Paraderolle alter Haudegen wie Fritz Wepper oder Günther Maria Halmer. Michael Kreindls Film überrascht daher schon mal durch die junge Besetzung der Titelfigur mit dem Österreicher und Vieldreher Fritz Karl (41). Außerdem kommt es auf diese Weise zu einer Premiere: „Plötzlich Onkel“ ist der erste gemeinsame Film des Paares Fritz Karl / Elena Uhlig. Die Rheinländerin und Wahlwienerin spielt allerdings nicht, wie man erwarten könnte, die Geliebte des Grantlers, sondern seine Schwester Esther. Hannes wiederum, seines Zeichens Wohnungsvermieter und Besitzer einer Oldtimer-Werkstatt, ist ohnehin erst so verstockt, weil ihn Esther einst mit dem schwerkranken Vater im Stich ließ. Als sich dann auch noch seine Frau empfahl, hat er mit der Menschheit abgeschlossen.
Doch mit der Ruhe ist’s vorbei, als Esther eines Tages mit ihren beiden Söhnen vor Hannes’ Tür steht: Sie muss wegen einer Untersuchung für zwei Tage ins Krankenhaus und hat niemand anderen gefunden, der auf ihre Jungs aufpassen könnte. Der Bruder sieht ein, dass ihm keine Wahl bleibt. Allerdings stellt er klare Regeln auf: Bad und Küche sind okay, „der Rest ist verbotene Zone“. Schlafen dürfen die Jungs in Esthers altem Kinderzimmer, das zu ihrer großen Verblüffung völlig unverändert geblieben ist. Es sind nicht zuletzt solche Details, die belegen, mit wie viel Sorgfalt und Hingabe „Plötzlich Onkel“ geschrieben und inszeniert worden ist. Gleich zu Beginn verdeutlicht eine beeindruckende Sammlung von Bällen in einem Schrank, was Hannes von Kindern hält, die vor seiner Werkstatt Fußball spielen.
Trotzdem lebt der Film natürlich vor allem vom Spiel der Großen mit den Kleinen. Gerade die Kinder sind ausgezeichnet geführt. Fast noch beeindruckender als Paul von Kunhardt und Orlando Lenzen ist die Leistung von Johanna Kroll als Susi, der hochintelligenten und entsprechend altklugen Tochter einer Nachbarin (Tina Ruland), die ihre eigentlich sehr erwachsenen Kommentare mit lebhafter Natürlichkeit von sich gibt. Selbst das in Filmen dieser Art überaus beliebte Verdrehen der Augen, mit dem Kinder das wunderliche Verhalten der Erwachsenen zu kommentieren pflegen, wirkt bei Johanna nicht aufgesetzt.
Natürlich braucht eine Komödie dieser Art auch eine Romanze, und die ergibt sich zwischen Hannes und Susis Mutter, die ihrem Vermieter kräftig Kontra gibt. Der wiederum ist auf jede Hilfe angewiesen, denn Esthers vermeintlich harmlose Zyste entpuppt sich als bedrohliches Gewächs; sie muss deutlich länger im Krankenhaus bleiben. Schöngeist Hannes stellt daraufhin nicht nur seine Ernährung um (der kleine Bruno mag keine „Tierleichen“ auf dem Tisch), sondern schafft für die Jungs sogar Fernseher und Computer an. Die Szenen mit den Kindern sind ohnehin immer wieder herrlich einfallsreich; einmal packt Hannes sie in Müllsäcke, als sie verdreckt vom Spielen kommen, damit sie nicht die edlen Sitze seines liebevoll gepflegten alten Daimlers beschmutzen. Trotzdem entwickelt man eine gewisse Sympathie für den Sauertopf, zumal er dank Kreindls pointierter Inszenierung zunehmend zu einem Opfer der Umstände wird; und zum Kinderhasser hat ihn einst auch erst ein ganz bestimmtes trauriges Ereignis werden lassen. (Text-Stand: 16.10.2009)