Der Fernsehfilm „Wie krieg ich meine Mutter groß?“ zeigte den alternativen „Familienalltag“ einer flippigen Mutter, Anfang 40, die irgendwo im Twen-Alter stecken geblieben war. Der große Spaß, den dieser für den Grimme-Preis nominierte leichtfüßige Film beim Zuschauen machte, hatte auch viel mit der guten Team-Chemie zu tun. Alle hatten jedenfalls große Lust, den Film fortzusetzen. Unter dem Motto „Nach dem Happy End ist vor der ersten Beziehungskrise“ machte sich Autor Sathyan Ramesh an „Mütter, Väter, Kinder“. Auch wenn sich das Freundespaar nach 20 Jahren endlich auch als Liebespaar gefunden hat, so muss sich doch ihr Glück aufs Neue bewähren.
Und das ist nicht immer leicht, wenn man getrennt ist von Tisch und Bett des Partners. Denn Ginger muss sich nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters um die bettlägerige Mutter kümmern, während sich Hans für die gemeinsame „Kochküche“ eine Aushilfe nehmen muss. Beides führt zu kleinen Komplikationen amouröser Natur. „Küchenhilfe“ Marianne hat es offenbar ganz massiv auf den zurückhaltenden Koch abgesehen. Und der Pfleger, der Gingers Mutter betreut, ist bald hin und weg von dessen attraktiver Tochter. Auch die anderen der neu formierten Familie, Gingers Kinder, haben es nicht leicht. Max plagen erste Frühlingsgefühle und die 17-jährige Nico will endlich ihren leiblichen Vater kennen lernen.
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Es gibt also viele Probleme. Wie in jeder Familie. Wie sein Vorgänger verzichtet „Mütter, Väter, Kinder“ aber darauf, sie als dramaturgische Notwendigkeit aufzutürmen. Alle Konfliktlagen entwachsen realen Situationen. „Mir gefiel, dass der erste Teil so etwas Alltägliches hatte“, betont Sathyan Ramesh, „Ich wollte die neu gefundene Patchworkfamilie im zweiten Teil größeren Belastungsproben aussetzen – aber mit alltäglichen Problemen.“ Das ist dem Autor wunderbar gelungen. Seine Biografie (sein Vater war dreimal verheiratet) hat ihm reichlich Anschauungsmaterial für die Geschichte geliefert: „Ich kenne das System von Patchworkfamilien, dieses Zueinander-Gehören und Einander-Vertrauen, Einander-Lieben und auch Voneinander-schwerst-Genervtsein.“
Die Darsteller der „Familie“, die dieses Mal seltener harmonisch vereint am Küchentisch sitzt, fanden sich alle wieder zusammen: Katja Flint, die in punkto ausgelebte Lebensfreude dieses mal einen Gang zurückschalten musste; Matthias Brandt, der als klarsichtig-sensibler Hans die Herzen aller Frauen höher schlagen lassen wird; außerdem Pascal Bertram als Max und Caroline Erikson, die erstmals so richtig ihr Talent beweisen kann. Hochkarätig sind auch die Neuzugänge: Janek Rieke besticht als netter Pfleger von nebenan, Julia Jäger als in sich gekehrte Verliebte mit zwei linken Händen und Gisela Trowe ist großartig als gekränkte Kranke, bei der wie bei der Tochter die Wunden nur langsam verheilen.
Die Stimmungen und Themen sind alles andere als leicht. Dennoch gelingt Grimme-Preisträger Stephan Wagner ein vergleichsweise leichtgewichtiger Film mit positiver Gesamtausstrahlung und gelegentlichem Augenzwinkern. „Einen leichten Film zu machen, das ist so, wie vor großem Publikum unter Zwang einen gelungenen Witz zu erzählen“, befindet der Regisseur. Wagners Rezept: „unaufdringlich sein und sehr genau zuhören und hinschauen.“ Das Ergebnis: perfektes, intelligentes Unterhaltungsfernsehen. An eine Fortsetzung aber ist vorerst nicht gedacht. Matthias Brandt: „So viel Spaß mir die beiden Filme auch gemacht haben – ich sehe keinen zwingenden Grund, die Geschichte weiter zu erzählen.“ (Text-Stand: 23.4.2008)
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