Klaus Burck nimmt das Uraltimage von der Polizei als Freund und Helfer ein wenig zu wörtlich. Weil der Dorfpolizist jeden im Ort kennt und ihm die privaten Verhältnisse vertraut sind, lässt er oft Gnade vor Recht ergehen – zu oft, findet seine neue Kollegin Eva Mann. Doch das soll sich schlagartig ändern, als die Dorfschöne Nina tot aufgefunden wird. Ist sie ertrunken? Ist sie ermordet worden? Oder war es tragischer Unfall? Tatsache ist: Sie hatte in den Stunden vor ihrem Ableben mit drei Männern Geschlechtsverkehr. Untypisch für Nina, die zwar lustvoll im Dorf-Club strippte, aber alle unzüchtigen Angebote ablehnte.
„Mörderische Erpressung“ ist ein Dorfkrimi, wie man glaubt, ihn schon einige Male gesehen zu haben. Eine weibliche Tote, ein eher unterbemittelter Polizist, eine verzweifelte Mutter, eine Dorfgemeinschaft, in der so einiges unter den Teppich gekehrt wird. Natürlich kommt Sex als Motiv ins Spiel, die Herren ab zum Speicheltest und bald stehen die ersten Verdächtigen fest: Es sind ausgerechnet die Söhne des mächtigsten Mannes im Dorf. Der macht Burck reichlich Druck. Doch dieser hat noch eine Rechnung offen mit dem selbstgefälligen Patriarchen.
Die Ingredienzien der Geschichte scheinen wohl bekannt, doch man spürt früh, dass hier mehr und vor allem anders erzählt wird als in den Krimireihen aus der Provinz. Mit „Tatort“-Realismus und Ermittler-Routine hat das wenig zu tun, was sich Holger Karsten Schmidt ausgedacht hat. Der Kommissar selber hat keine weiße Weste, wäscht im Hinterkopf bei seinen Ermittlungen viel schmutzige Wäsche mit, und jeder im Dorf vergisst Recht und Ordnung, um die eigene Existenz zu retten. Denn wenn der Fall nicht schnell zu den Akten gelegt wird, droht der einzige Arbeitgeber des Dorfes mit der Schließung seines Werks.
So wie hier Auto gefahren wird, so wird auch erzählt: lapidar und schnörkellos. Getragen wird diese Stimmung von den norddeutsch herben Charakteren und deren Darstellern. Hinnerk Schönemann beweist, dass er heute das ist, was vor zehn Jahren Jürgen Vogel war: der ewiger Junge mit Hang zum Authentischen. Mehr noch als die Tonlage, erinnert das Szenario von „Mörderische Erpressung“ an die Ikonografie des Western. Aus dem Sheriff wurde der Dorfpolizist, aus dem Saloon der Disco-Club, aus dem Viehbaron ein Backwaren-Fabrikant – und wie in „12 Uhr mittags“ oder „Rio Bravo“ fand sich bald kaum noch einer auf der Seite der Guten. Doch mit der Moral der Gesetzeshüter ist es im deutschen Krimi nicht mehr so weit her wie einst bei Gary Cooper und John Wayne. (Text-Stand: 3.11.2006)