Meine Mutter tanzend

Jutta Speidel glänzend als Mutter, die eine Katastrophe ist für ihre schwarze Tochter

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Foto Rainer Tittelbach

Stella ist Anfang 30, schwarz und auf der Suche nach ihrer Identität. Der Schock ist groß, denn ihre Mutter ist eine unmögliche Person. Sie ist weiß, raucht Kette, beschimpft am liebsten ihre Mitmenschen und Problemlösung heißt bei ihr: „Piccolöchen“.

Stella ist Anfang 30, schwarz und sie ist noch immer auf der Suche nach ihrer Identität. Sie wurde als Baby adoptiert, jetzt, wo sie drauf und dran ist, selbst das Fundament für eine Familie zu legen, möchte sie wissen, wer ihre leiblichen Eltern sind. Der Schock ist anfangs groß, denn ihre Mutter ist nicht die freundliche schwarze Mama, die sie sich immer erträumt hat, sondern eine – auf den ersten Blick – unmögliche Person. Sie ist weiß, raucht Kette, beschimpft am liebsten ihre Mitmenschen und Problemlösung heißt bei ihr: „Piccolöchen“. Verbittert sitzt sie an der Kasse eines Supermarkts – bis sie entlassen wird. Da kommt die Tochter, die in eine Upperclass-Familie einheiraten wird, gerade recht. Doch zunächst will die Mutter, die mit 16 Jahren schwanger wurde, nichts von der Tochter wissen.

„Zwei Menschen prallen aufeinander, die nichts Gemeinsames haben außer ihrem Blut“, bringt der Regisseur Jan Ruzicka die Geschichte von „Meine Mutter tanzend“ auf den Punkt. Da ist eine junge Frau, die ihre Ernsthaftigkeit hinter ihrer freundlichen Erscheinung versteckt, die in die Familie ihres Verlobten einheiraten möchte, um endlich anzukommen. Eine Frau, die mit Sprache arbeitet. „Stella ist Logopädin, Sprache ist ihr Ausdrucksmittel“, so ihre Darstellerin Dennenesch Zoudé. „Als sie dann aber auf ihre Mutter trifft, wird sie buchstäblich sprachlos.“ Mit ihrer Bildung kann sie sich gegenüber dieser Mutter nicht erwehren. Denn diese ist direkt, sagt, was sie denkt, auch wenn sie damit andere verletzt. Schließlich ist ihr im Leben Gleiches widerfahren. „Sie ist eine sehr verletzte Frau, aber sie ist nicht resigniert“, charakterisiert Jutta Speidel ihre Figur. Frustriert sei sie, was ihr Berufsleben angeht, „aber als Mensch ist bei ihr immer noch alles möglich“. Nur so kann es denn auch zur erwarteten Annäherung der beiden kommen. Der Tochter gelingt es, in die Schutzhülle der Mutter einzudringen und fördert damit eine große Leidenschaft zutage: Muttis Traum vom Singen.

Meine Mutter tanzendFoto: NDR
„Zwei Menschen prallen aufeinander, die nichts Gemeinsames haben außer ihrem Blut“, so Regisseur Jan Ruzicka. Jutta Speidel, Gila von Weitershausen und Dennenesch Zoudé in „Meine Mutter tanzend“

Die einzige Gemeinsamkeit, die Mutter und Tochter besitzen: „beide sind Konfliktvermeider.“ So jedenfalls hat Zoudé sich die beiden Frauen psychologisch zurechtgelegt. „Der einen ist es wichtig, sich richtig zu verhalten und nichts falsch zu machen, die andere rennt vor jeder Schwierigkeit davon oder tut so, als gäbe es keine.“ Auch im Spiel prallen quasi zwei Mentalitäten aufeinander. Zoudé muss den Kopfmensch geben, Speidel indes spielt genauso aus dem Bauch, wie ihre Mutter Beate intuitiv agiert. Die in Addis Abeba geborene Schauspielerin hat bei diesem Duett den schwierigeren Part. Sie muss das allzu Offensichtliche, die überdeutlich im Drehbuch ausgearbeiteten Kontraste, zu einem glaubwürdigen Menschenbild formen, muss zeigen, dass sie Probleme mit ihren familiären Wurzeln hat, dass sie sich hin und her gerissen und nirgends zuhause fühlt. Sie macht es angemessen – äußerlich kühl und doch anrührend. Die Münchnerin darf derweil dem Affen richtig Zucker geben. Für den Film hat sie einen nervösen Stolpergang kreiert, der wunderbar (komisch) die Eigenart ihres Charakters verdichtet. Die gegensätzliche Zeichnung spiegelt sich auch im Genre-Mix von „Meine Mutter tanzend“. (Text-Stand: 14.3.2007)

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Fernsehfilm

NDR

Mit Jutta Speidel, Dennenesch Zoudé, Ole Puppe, Gila von Weitershausen, Oliver Bröcker

Kamera: Gunnar Fuß

Schnitt: Marcel Peragine

Musik: Enis Rotthoff

Produktionsfirma: TeamWorx

Drehbuch: Annette Simon

Regie: Jan Ruzicka

EA: 14.03.2007 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

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