Karriere steht über allem. Für Jenny, mit 30 bereits technische Direktorin eines Münchner Opernhauses, könnte sich das mit ihrer Schwangerschaft ändern. Doch für ihren Freund Tobias, der mit dem Familienbetrieb verheiratet ist und vom Vater endlich die Firmenleitung übernehmen will, wäre der Zeitpunkt für ein Kind suboptimal. Die Beziehung ist doppelt angespannt, weil sich auch noch Jennys lebenslustige Hippiemutter Jutta nach Jahren aus Ibiza zurückmeldet, sich bei den beiden einquartiert und in deren Designer-Wohnung erst mal ordentlich feiert. Als die auch noch Tobias’ Vater, einen seit Ewigkeiten trauernden Witwer, umflirtet, als in der Oper Eric, eine unglückliche Liebschaft Jennys von früher, kurzfristig als Bühnenbildner einer imageträchtigen „Zauberflöten“-Inszenierung engagiert wird und der sich sehr offensiv um sie bemüht, gibt es bald große Gefühle nicht nur auf der Bühne.
Foto: Degeto / Elke Werner
Kein Zuschauer, der nicht erkennen würde, wie das Spiel laufen wird. „Meine Mutter, meine Männer“ arbeitet sichtlich auf die Geburtsstunde einer Patchworkfamilie hin – und ist doch eine höchst unterhaltsame Alltagskomödie. Die dramaturgischen Muster wurden weitgehend der Romantic Comedy entliehen, die sozialen (Rollen-)Klischees sind durchaus realistisch durchwirkt, und die Art des Spiels pendelt zwischen ernsthaft und ironisch. Daraus ergibt sich eine reizvolle emotionale Gemengelage, die veredelt wird von einer für den ARD-Freitag nicht nur überdurchschnittlichen, sondern einer ideal gecasteten Schauspielerriege. Marie Zielcke dosiert nicht nur geschickt im Rahmen der Geschichte ihr Lächeln (so richtig strahlen darf sie erst in der zweiten Hälfte), sondern auch im Namen ihrer Karriere. So sehr sie zuletzt auch das ZDF-„Herzkino“ erfrischend lächelnd aufwertete, in ihrer Rolle als Jenny kann sie in dem Film von Karola Hattop doch sehr viel mehr „Gesichter“ zeigen. Roman Knizka und Anna Stieblich sind zwar typisch besetzt, unterspielen ihr (Komödien-)Image aber angenehm – und verkörpern somit mehr als nur den romantischen Liebhaber oder die Hippie-Mutter. Gut besetzt sind auch die Wasserträgerrollen am Rande: Hubertus Grimm ist wenigstens mal ein Mann, der die Frau nicht kriegt und dem man das nicht sofort ansieht. Und Jürgen Heinrich („Wolffs Revier“) ist einer, der einem nicht so häufig in Degeto-Filmen begegnet und der auch noch in einer eher undankbaren Rolle in (fast) jeder Szene das richtige Gesicht macht.
Foto: Degeto / Elke Werner
„Meine Mutter, meine Männer“ ist ein gutes Beispiel dafür, wie sehr gerade bei leichten Genres, die nichts Weltbewegendes erzählen, die Art und Weise, wie die Geschichte strukturiert und wie sie filmisch umgesetzt ist, über die Qualität entscheidet. Das beginnt bereits mit der Story: große Oper, eine Hauptfigur Bühnenbildner, dazu der Handlungsort München. Da bietet sich einiges in Sachen Ambiente und Optik an, und es wird liebevoll genutzt: das landschaftlich reizvolle Umland der Bayern-Metropole mit ihren Seen und Bergen, der Schauplatz Oper, insbesondere das semantische Spiel mit Bühnenbildern und der Leere des Zuschauerraums, in dem sich symbolhaft der jeweilige Zustand der Beziehung des romantischen Paars manifestiert. Weit überdurchschnittlich ist auch das Szenenbild insgesamt. Es ist lebendig, steckt voller Formen und Farben und bietet den Schauspielern ein abwechslungsreiches Umfeld, das sie gleichsam charakterisiert. Für einen Unterhaltungsfilm bemerkenswert ist auch die sinnliche Bildgestaltung inklusive atmosphärischem Licht. Viele der originellen, oft bildhaften Details des Films liefert bereits das dichte Drehbuch von Anna Morgenrot alias Kerstin Schütze: das Baby der Schwester einen Tag lang im Schlepptau der Heldin in der Oper, das sagt mehr als viele Worte (wobei, auch die Dialoge sind knapp, knackig und fallen nie unangenehm auf). Dass das Happy End dramaturgisch nicht mit dem üblichen Romantic-Comedy-Duell der Männer eingeläutet wird, die beide die Frau wollen, sondern dass der eine sich klar für den Beruf entscheidet, ohne dadurch ein Unsympath zu werden, das ist eine hübsche, realitätsnahe Wendung. Und weil so Vieles stimmt bei „Meine Mutter, meine Männer“, hatte auch die Cutterin leichtes Spiel: wer solche Geschichten mag, kann sich dem flotten Erzählfluss voller süffiger (Parallel-)Montagen ohne Reue hingeben.