Minette und Paul führen eine glückliche Ehe. Zwei wohlgeratene Kinder, ein Hund, eine Eigentumswohnung, nette Freunde, er coacht erfolgreich Führungskräfte, sie übersetzt italienische Romane. Und doch geht Paul immer mal wieder fremd. Seine neueste Errungenschaft heißt Nora, sie ist jung, sexy und will mehr von dem Familienvater, über dessen Leben und kleine Geheimnisse sie bald besser Bescheid weiß, als ihm lieb ist. Mit einem letzten Wochenende in Prag will er die Affäre beenden. Minette spioniert ihm nicht das erste Mal hinterher. Im Zug wird sie Zeuge eines Streits zwischen den beiden, bei dem Paul seiner Geliebten klar macht, dass er wegen ihr niemals seine Frau verlassen würde. Nach der Rückkehr aus Prag wirkt Paul bedrückt. „Es ist was passiert, ich hab’ – “, Minette unterbricht ihn: „Ich weiß.“ In den folgenden Tagen stellt ihr ein Mann nach, Noras Freund. Er konfrontiert Minette mit einem Leichenfund in der Moldau. Die Tote ist eine junge Frau…
Der Titel „Mein Mann, ein Mörder“ füllt nicht nur so manche Leerstelle in der Geschichte; er sorgt auch dafür, dass der Verdacht, der in der Heldin aufsteigt, sich für den genreerprobten Zuschauer als höchst redundant erweisen muss. Diese Art von Thrillerdrama, das die subjektive Wahrnehmung einer Figur zur Triebfeder der Handlung macht, ist nicht jedermanns Sache. Da wird der Zuschauer immer ein bisschen an der Nase herumgeführt, weil wichtige Informationen künstlich zurückgehalten werden müssen, damit die Geschichte spannend bleibt. Der Film von Lancelot von Naso lässt sich allerdings nicht einmal als dauerhaft spannend bezeichnen. Zu sehr wird dieser Thriller von Kopfgeburten gesteuert, zu sehr ist „Mein Mann, ein Mörder“ ein halbgarer Thriller und ein biederes Familiendrama geworden.
Foto: ZDF / Hendrik Heiden
Dieser Auf-Nummer-sicher-Stoff mit der vermeintlichen Auf-Nummer-sicher-Dramaturgie und der Auf-Nummer-sicher-Besetzung hängt irgendwo zwischen den Genres fest: da ist die Bedrohung von außen, die die Familie und die Ehe in Frage stellt; da ist die mögliche Gefahr, die vom Ehemann ausgeht („plötzlich liegt da ein Fremder; ich kenn ihn überhaupt nicht“), und da sind das weitgehend heile Familienszenario und die Frau, die für ihre Liebsten einen einsamen, gefährlichen Weg geht. Der Zuschauer muss all diesen Genre-Fährten folgen, was dazu führen kann, dass er sich verirrt in diesem unentschlossenen Plot, der für ein Genresujet von Anfang bis Ende auf zu viel Distanz setzt und einen nie richtig packt, weil es massig kleine Bedrohungen gibt, aber keine, die einen aus dem Fernsehsessel hebt. Und es gibt niemanden, mit der man mitfiebern würde. Vielleicht sehen das die Zuschauerinnen zwischen 40 und 60 anders – jedenfalls die ohne Genreerfahrung. Oder die, die von einem Fernsehfilm mit Ferres, auch wenn er ein Thrillerversprechen gibt, keinen Hitchcock-Suspense erwarten.
Wenn ein solcher Genre-Film sein Spannungspotenzial mutwillig ungenutzt lässt, verspricht man sich als Zuschauer wenigstens eine tiefere Erkenntnis (einen dramatischen Aufschrei des Subtextes) – vielleicht aus der spielerischen Umkehr der Machtverhältnisse zwischen Ehemann und Ehefrau oder aus dem Motiv des gegenseitigen Belauerns und Belügens (das Handy spiegelt als Lügen-Instrument den Zustand dieser Ehe), doch nichts bietet das Drehbuch dem Zuschauer an – außer der Wiederherstellung der ehelichen Harmonie. Das hilft es nur bedingt, dass Regisseur Lancelot von Naso, ein Ausnahmetalent, und sein Kameramann Felix Cramer einen edlen Look mit eleganten Szenenüberleitungen zaubern und das Sounddesign mehr mitreißt als die wankelmütige Handlung, in der sich retrospektiv so viele Logiklöcher auftun (die zu verraten, den letzten Spaß an diesem Film nehmen würde), dass die dünne Story darin mühelos verschwinden könnte. (Text-Stand: 15.8.2013)