Mama arbeitet wieder

Anna Schudt: Mutter legt die Küchenschürze ab und streift das Business-Kostüm über

Foto: SWR / Pichler
Foto Rainer Tittelbach

„Mama arbeitet wieder“ beginnt launig wie eine jener Jetzt-darf-Papa-mal-die-Windeln-wechseln-Komödie. Doch recht bald schlägt Autorin Kristin Derfler einen anderen Ton an. Schnell ist es vorbei mit dem Familienfrieden. Und der Alltag bestimmt die Tonlage in diesem durchaus wahrhaftigen kleinen (Familien-)Film mit Anna Schudt & Tim Bergmann.

Noch hat Papa gut lachen. „Wir sind das, was man eine traditionelle Kleinfamilie nennt“, umschreibt der Bauingenieur Mark Vogts die Basis seines Familienglücks. Seine Frau Corinna dürfte das anders sehen. Karriere in der Küche möchte sie auf Dauer nicht machen. Wozu hat sie jahrelang studiert?! Dass ausgerechnet jetzt, wo Mark eine für seine Karriere förderliche Bauaufsicht in Dubai übernehmen soll, Corinnas alter Chef sie um ein Sanierungskonzept für seine Firma bittet, passt so gar nicht ins Familienprogramm mit zwei noch nicht schulpflichtigen Kindern. „Alles eine Frage der Organisation.“ Glaubt jedenfalls Mutter Corinna, legt die Schürze ab und streift das Business-Kostüm über.

„Mama arbeitet wieder“ beginnt launig wie eine Jetzt-darf-Papa-mal-die-Windeln-wechseln-Komödie. Doch recht bald schlägt Autorin Kristin Derfler einen anderen Ton an. Als sich die Zettelwirtschaft im Hause Vogt zu verselbständigen droht, Kommunikation sich auf ein nächtliches „Wie war’s bei dir heute?“ beschränkt und die Tagesmutter immer öfters ausfällt, ist es schnell vorbei mit dem Familienfrieden. Der Hals des Gatten wird immer dicker und die Adrenalinschübe der erfolgreichen Controllerin erfahren durch ihr schlechtes Gewissen eine gehörige Dämpfung. Die Chemie stimmt plötzlich gar nicht mehr. „In jeder Krise liegt eine Chance“, sagt Corinnas Chef im Zusammenhang mit der einigermaßen freundlich gestalteten Übernahme seiner Firma. Ob das auch für die einsam zweisamen Vogts gilt?!

Man könnte Schlimmes ahnen. Ein Thema, dessen Widersprüche sich allzu problemlos im Genre des leichtgewichtigen Familienfilms auflösen lassen. Ein Regisseur, Dietmar Klein, der prädestiniert ist für den Freitagsfilm, allerdings nicht den auf Arte, sondern den in der ARD! Hinzu kommt mit Kristin Derfler eine ziemlich unerfahrene Drehbuchautorin, deren Mitarbeit am Telenovela-Flop „Lotta in Love“ nicht gerade Hoffnung weckt. Doch allen Vorahnungen zum Trotz ist „Mama arbeitet wieder“ ein veritabler Themenfilm geworden – und mehr.

Mama arbeitet wiederFoto: SWR / Pichler
Mama arbeitet wieder und dreht ganz schön am Rad. Der Geschäftsführer (Peer Jäger) ist sehr zufrieden mit seiner Controllerin (Anna Schudt). Nur Papa ist irgendwie sauer.

Selten sah man Tim Bergmann so überzeugend: ein bisschen hemdsärmelig und doch oft eine Träne im Augenwinkel, ein bisschen komisch und dann wieder am Rande des Nervenzusammenbruchs. Und Anna Schudt zeigt einmal mehr, dass sie eine der ausdrucksstärksten Schauspielerinnen ihrer Generation ist. Der Gegensatz zwischen tougher Businessfrau und liebender Mutter gelingt ihr ohne einen überzogenen äußeren Kontrast, sondern durch die Darstellung des permanenten Spannungszustandes, in dem sich ihre Figur befindet. „Der Zuschauer muss ins Innere der Figur blicken, darf nicht an der Außenfassade hängen bleiben“, betont Schudt, die bislang vor allem auf der Theaterbühne reüssierte.

Der Alltag bestimmt die Tonlage. Nichts lenkt ab, keine Ästhetik, weder Kitsch noch Kunst, schiebt sich vor die handelnden Personen. Dadurch ist es auch verzeihlich, wenn die Handlung mit allerlei vorhersehbaren Situationen aufwartet. Diese sind weitgehend dem Drehbuch des Lebens abgelauscht. (Text-Stand: 28.3.2008)

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Fernsehfilm

SWR

Mit Anna Schudt, Tim Bergmann, Kathrin Ackermann, Kai Lentrodt, Peer Jäger

Kamera: Jürgen Carle

Szenenbild: Uta Hampel

Schnitt: Saskia Metten

Produktionsfirma: Südwestrundfunk, Maran Film

Drehbuch: Kristin Derfler

Regie: Dietmar Klein

EA: 28.03.2008 20:40 Uhr | Arte

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