Katie Fforde – Sommer der Wahrheit

Carolina Vera, Thomas Heinze. Die Geschichte dominiert über die Gesetze des Kitschs

Foto: ZDF / Meinolf Schmitz
Foto Rainer Tittelbach

„Sommer der Wahrheit“ ist ein Melodram, das man nicht vorschnell nach seiner Story bewerten sollte. Die psychologische Plausibilität des Konflikts und die Ernsthaftigkeit seiner Darstellung überdecken die dramaturgische Zufalls-Konstruktion. Der frisch erzählte Film, der bislang beste der Katie-Fforde-Reihe, bedient das Genre bei größtmöglichem Tiefgang.

Mit dem Umzug von New York nach Woodstock wollen Susan und Richard ihre Beziehung beleben. Ein Seitensprung des Gatten ist vergessen – jetzt heißt es, höhere Hürden zu nehmen: ausgerechnet der Sohn von Fiona, der Cafe-Besitzerin, mit der sich Susan anfreundet und für deren Laden sie Kuchen backt, ist jener Lucas Summer, mit dem sie Ende der Neunziger eine kurze Festival-Affäre hatte. Er ist nicht nur ein ausgezeichneter Fotograf, der in einem Sommer-Workshop auch Susans Sohn unterrichtet, sondern er kann auch rechnen: „Ist Jimi mein Sohn?“, fragt er und weiß längst die Antwort. Lucas macht deutlich, dass er sich nicht noch einmal übergehen lassen wird. Susan fühlt sich von allen Seiten unter Druck gesetzt. Fiona kündigt ihr, Richard, der die Arztpraxis im Ort übernommen hat, spürt, dass etwas nicht stimmt („Haben wir Geheimnisse?“), und auch Sohn Jimi versteht bald gar nichts mehr.

Katie Fforde – Sommer der WahrheitFoto: ZDF / Meinolf Schmitz
Woodstock statt Pilcher. Holen ein bisschen vom 68er-Mythos in Story und Ambiente von „Sommer der Wahrheit“ hinein: Eleonore Weisgerber & Walter Kreye

„Sommer der Wahrheit“ ist eines jener Melodramen, das man nicht vorschnell nach seiner Story bewerten sollte. Der große Zufall, dass sich Susan und Jimis biologischer Vater nach einem Woodstock-Revival-Konzert in Rom 13 Jahre später im legendären Woodstock wieder begegnen, und der kleine Zufall, dass Susan im Hudson Valley der Mutter ihres Ex-Lovers über den Weg läuft, darüber würde man vielleicht bei anderen Filmen stolpern. Bei Martina Mouchots Geschichte nach der Vorlage von Katie Fforde ist das anders. Da ist der Zufall die Ouvertüre für einen vielschichtigen Beziehungskonflikt, der entsprechend viele Fragen aufwirft. Die handlungstragenden Hauptfiguren und die tragenden Nebenfiguren, die ebenfalls am Geschehen emotional teilhaben, sind wie in einem Drama (bei dem es am Ende auch nicht interessiert, ob ein Zufall das Drama ausgelöst hat), eng miteinander verwoben. Die psychologische Plausibilität des Konflikts & die Ernsthaftigkeit seiner Darstellung überdecken die Konstruktion. „Sommer der Wahrheit“ bedient das Genre bei größtmöglichem Tiefgang.

Auch strukturell weiß das Drehbuch zu gefallen: Im Fotokurs des biologischen Vaters geht es um das Thema Wirklichkeit und Wahrnehmung – sprich: „die Wahrheit hinter den Bildern“. Auch in der Beziehungsgeschichte spielen Fotos eine Rolle. „Ein kleines Foto kann eine große Geschichte erzählen“, weiß der Fotograf. Das wird zwar alles nicht ausgespielt, kommt dafür aber auch nicht prätentiös daher. Ähnliches gilt für die leisen Anflüge von Hippie-Nostalgie. Und am Ende machen sich alle so ihre Gedanken: die weibliche Heldin, die gern alles im Griff hat, der ungeduldige Fotograf, der nachsichtige Ehemann, der Sohn mit zwei Vätern. Man hat als Zuschauer den Eindruck, als ob die Vernunft über das Happy End obsiegt – also ein an der Realität ausgerichtetes Wunschdenken über die Gesetze des Kitschs triumphiert. „Sommer der Wahrheit“ eine Chance zu geben, fällt umso leichter, als mit Carolina Vera, Thomas Heinze, Siegfried Terpoorten, Eleonore Weisgerber und Walter Kreye ein Top- Ensemble zur Verfügung steht, das den geneigten Zuschauer zu dieser vermeintlich trivialen Geschichte bereits in den gewohnheitsgemäß holprigen Melo-Eingangsminuten zu verführen weiß.

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Reihe

ZDF

Mit Carolina Vera, Thomas Heinze, Siegfried Terpoorten, Maurice Walter, Eleonore Weisgerber, Walter Kreye, Fanny Stavjanik

Kamera: Meinolf Schmitz

Schnitt: Angelika Sengbusch

Soundtrack: Simon & Garfunkel („Mrs. Robinson“)

Produktionsfirma: Network Movie

Drehbuch: Martina Mouchot

Regie: Helmut Metzger

Quote: 4,68 Mio. Zuschauer (12,4% MA); Wh.: 3,73 Mio. (12,9% MA)

EA: 09.12.2012 20:15 Uhr | ZDF

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