„Blutsbrüder“ erschien dem ZDF offenbar im Hinblick auf die weibliche Zielgruppe des „Herzkino“-Sendeplatzes nicht angemessen, also wählte man für diese Katie-Fforde-Verfilmung lieber den Allerweltstitel „Eine Liebe in New York“. Dabei ist der Arbeitstitel eine schöne Anspielung auf die Basis der Romanze, die sich erst im weiteren Verlauf der Handlung ergibt: Steve (Cecil von Renner), ein begabter junger Comiczeichner, leidet an einer seltenen Krankheit und braucht regelmäßig frisches Blut. Seine Blutgruppe ist jedoch extrem selten. Tatsächlich kommt unter allen New Yorker Blutspendern nur ein einziger Mann infrage, ein Kolumbianer namens Alejandro (René Ifrah), der sich allerdings illegal in den USA aufhält. Um seine Ausweisung zu verhindern, entschließt sich Steves Schwester Jessica (Birte Hanusrichter), eine junge Wall-Street-Brokerin, die sich seit dem Tod der Eltern um ihren Bruder kümmert, Alejandro kurzerhand zu heiraten. Auf diese Weise ist das Problem zwar gelöst, aber dafür ergeben sich zwei neue: Mitarbeiter der Einwanderungsbehörde haben den Braten gerochen, schnüffeln dem Ehepaar hinterher und stoßen auf Widersprüche; und Jessicas Freund und Chef (Kai Ivo Baulitz) macht ihr ausgerechnet jetzt einen Heiratsantrag.
Das Romanzensujet „Scheinehe mit Hindernissen“ ist alles andere als neu, zumal die Filme in der Regel wie Variationen von Peter Weirs Komödie „Green Card“ (1990) mit Gérard Depardieu und Andie MacDowell wirken. Erst kürzlich hat die ARD dem Thema mit „Wir tun es für Geld“ allerdings originelle Seiten abgewonnen. „Eine Liebe in New York“ ist ein weiterer Beleg dafür, dass man auch aus einem scheinbar wenig originellen Handlungsmuster einen kurzweiligen und dank der diversen Split-Screen-Einlagen sogar vergleichsweise modern erzählten Film machen kann. Die grobe Richtung der Geschichte mag zwar vorhersehbar sein, doch im Detail gibt es immer wieder Überraschungen, weil „Katie Fforde“-Autor Timo Berndt sein Drehbuch (das nicht auf einem konkreten Roman, sondern auf verschiedenen Erzählungen beruht) mit diversen unerwarteten Wendungen versehen hat. Außerdem hat die Liebesgeschichte nicht bloß komödiantische Seiten, sondern erzählt nebenbei auch noch einen Börsenkrimi; ganz zu schweigen vom dramatischen Anteil, schließlich ist Alejandros Aufenthaltserlaubnis aus Steves Sicht eine Frage von Leben & Tod.
Hinzu kommt: Die Hauptfiguren sind zwar ausgesprochen sympathisch, handeln aber zunächst alles andere als uneigennützig. Diese Ambiguität gibt den beiden Hauptdarstellern die Möglichkeit, ihre Charaktere vielschichtig zu verkörpern. Fast noch wichtiger ist natürlich, dass die Chemie zwischen dem Paar stimmt. Birte Hanusrichter (zuletzt neben Claudia Michelsen in „Seitensprung“) erinnert in ihrer ersten Hauptrolle mal an Stefanie Stappenbeck, mal an Annette Frier und passt nicht nur gut zu der Figur, die sie spielt, sondern auch zu René Ifrah und dem jungen Cecil von Renner, der ohnehin ein interessanter junger Schauspieler ist; die Szenen, in denen Alejandro und Steve Freundschaft schließen, sind genauso glaubwürdig gespielt wie die Entwicklung der Romanze zwischen Alejandro und Jessica. Da fällt es nicht weiter ins Gewicht, dass die Nebenfiguren ausnahmslos stereotyp ausfallen.
Und so gelingt es Timo Berndt und Regisseur Helmut Metzger (auch er „Katie Fforde“-Veteran) gerade dank der Darsteller, selbst sattsam bekannten Scheinehe-Versatzstücken wie der Gestaltung des gemeinsamen Fotoalbums neue Seiten abzugewinnen. Bestes Beispiel ist die Anbahnung der Liebe beim ersten Kuss: schon oft gesehen, aber immer wieder schön, wenn es so inszeniert und gespielt wird wie hier. Hinzu kommen die Schauplätze: New York sieht einfach anders aus, wenn ein Europäer die Kamera führt (Meinolf Schmitz). Die Luftaufnahmen von der Küste, wo Jessica und Steve in ihrem Elternhaus leben, sind zwar ein typisches „Herzkino“-Merkmal, bilden aber einen reizvollen Kontrast zu den Großstadtimpressionen und fügen sich zudem gut in den ohnehin sehr flüssigen Rhythmus der Filmerzählung ein. (Text-Stand: 7.11.2014)