Inspektor Jury spielt Katz und Maus

Fritz Karl, Götz Schubert, Günter Knarr, Andi Niessner. Wohlfühlkrimi Miss-Marple-like

Foto: ZDF / Pal Redmond
Foto Volker Bergmeister

Very british und very (angestrengt) funny geht es zu bei „Inspektor Jury spielt Katz und Maus“, der dritten Verfilmung eines Krimis von Martha Grimes. Das bewährte Team ermittelt: Fritz Karl als Oberschnüffler Jury, Götz Schubert als keineswegs auf seinen Adelstitel wert legender Melrose Plant, Katharina Thalbach als Lady Agatha und – einer muss den Dummen spielen – Arndt Schwering-Sohnrey als hypochondrischer Sergeant Wiggins. Nicht sonderlich aufregend die Story, im Good-Old-England-Look die Inszenierung – ein Wohlfühlkrimi im Miss-Marple-Stil, soft & brav, realitätsfern & psychologielos, aber recht unterhaltsam.

Würde man bei der Betrachtung der ersten Minuten des Krimis „Inspektor Jury spielt Katz um Maus“ mal außer Acht lassen, dass das ZDF bereits zwei Versuche unternommen hat, very british und very funny zu sein, man würde sich wohl zuerst einmal fragen: Ist das wirklich ernst gemeint oder eine Parodie auf die altmodischen, aber erfolgreichen englischen Krimis à la Inspektor Barnaby? Doch schnell wird klar, parodieren will man hier nicht, eher nutzen, dass es ein Publikum gibt für ruhige, ein wenig augenzwinkernd erzählende Wohlfühlkrimis. So gibt es nun den dritten Film der Reihe mit der Krimi-Romanfigur Inspektor Jury.

Der Auftakt ist so wie man ihn sich in einem englischen Krimi, der übrigens in Irland gedreht wurde, vorstellt. Stürmisch geht es zu im Land des Brexit. Der Wind pfeift durch die Straßen des romantischen Jägerdörfchens namens Ashdown Dean, es herrscht Nacht, eine alte Dame kämpft gegen die Böen an, sie trägt einen Morgenmantel und Hausschuhe, hat Lockenwickler im Haar. Sie steuert eine Telefonzelle an. Ja, die gibt es hier noch, mit Dach, mit Tür, so wie bei uns früher. Und sie ist rot. Als kurz darauf Lady Agatha Andry (Katharina Thalbach) ebenfalls in die Zelle will, ist die besetzt. Agatha wird ungeduldig, klopft, ruft, öffnet die Türe und schon liegt die Leiche der alten Dame auf ihr („Heiliger Bimbam, die ist tot“). Die Polizei verdächtigt Agatha eines Verbrechens. Die sucht Hilfe bei ihrem Neffen Melrose Plant (Götz Schubert). Der wiederum ruft den besten Mann von Scotland Yard, Inspektor Jury (Fritz Karl). Kaum ermittelt der, geschehen weitere Morde. Sie scheinen in keinem Zusammenhand zu stehen. Sind es die geheime Machenschaften von Dr. Fleming (Lochlan O’Mearain) oder ist die junge, engagierte Tierschützerin Carrie (Robin Wright) womöglich die Mörderin? Und welche Ziele verfolgt die Baronin (Judith Rosmair) und ihre Sekretärin Gillian (Marlene Morreis). Und hat die Serie erdrosselter und vergifteter Haustiere etwas mit dem Fall zu tun?

Inspektor Jury spielt Katz und MausFoto: ZDF / Pal Redmond
Schon alles ziemlich angestrengt… Keine Frage, Katharina Thalbach chargiert heftig, aber ist denn bei diesem Genre-Konzept überhaupt etwas anderes möglich? Zu ernst allerdings sollte man diesen Film nicht nehmen. Mehr Ironie hätte schon sein dürfen.

23 Bücher sind von US-Autorin Martha Grimes bisher erschienen, die Romane „Inspektor Jury schläft außer Haus“ und „Inspektor Jury lichtet den Nebel“ wurden 2013 und 2015 von ZDF und ORF unter den Titeln „Der Tote im Pub“ und „Mord im Nebel“ bereits verfilmt. Jetzt also der dritte Streich: „Inspektor Jury spielt Katz und Maus“. Es ist der siebte Fall, den Grimes zu Papier gebracht hat, fürs Fernsehen wurde er wieder bearbeitet von Günter Knarr. Das Pub heißt diesmal „The Dear Leep“, so auch der Originaltitel des Romans, denn jeder Band ist nach einem real existierenden englischen Pub benannt. Grimes hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass sie ein Agatha-Christie-Fan ist und so hat sie sich deren Tradition zugewandt. Das gilt auch für die TV-Umsetzung. Denn die erinnert stark an die legendären Miss-Marple-Filme. In „Inspektor Jury spielt Katz und Maus“ geht es nicht um Glaubwürdigkeit, mit der Realität haben die Geschichte und das Handeln der Personen nicht viel zu tun. Hier will man in erster Linie augenzwinkernd spannend unterhalten. Und das mit den bekannten und vertrauten Figuren: Jury ist der schlaue Ermittler, der nur mal schwach wird, wenn ihm eine junge Dame den Kopf verdreht, sein Assistent Wiggins (Arndt Schwering-Sohnrey) muss den Trottel vom Dienst spielen, wird von einer Tierhaar-Allergie geplagt und niest sich durch die Szenerie, Melrose hat die richtigen Kontakte und geht am Stock (der im Verlauf der Story noch eine Rolle spielen soll) und Agatha zieht die Leichen förmlich an und darf jedesmal, wenn sie auf eine stößt, nach Herzenslust schreien. Katharina Thalbach gibt dem Affen so richtig Zucker, überdreht und hat sichtlich Spaß an dieser schrulligen Figur. Fritz Karl fremdelt ein wenig in der Rolle des Jury, ein Wiener very british, das ist und bleibt gewöhnungsdürftig. Und der wunderbare Götz Schubert, der ja sonst eher schwierigere Charaktere mimt, darf als Sachse hier mal so richtig komisch (dabei aber immer um Contenance bemüht) sein.

Die Atmosphäre des Films ist malerisch – die hat Regisseur Andi Niessner, der hier seinen ersten „Jury“-Krimi inszeniert hat, stimmungsvoll eingefangen. Good Old England ist hier spür- und sichtbar. Der trockene bis schräge Humor der eigenwilligen Charaktere kommt leider zu wenig zur Geltung. Die Geschichte ist soft und beschaulich, den brav-biederen Touch wird der Film bis zum Finale nicht los. Vier deutsche Schnüffler als angeblich Einheimische in einem in den Nebenrollen eher britischen Ensemble, so richtig fügt sich das nicht zusammen. Es gibt ein paar lakonische Momente, ein paar witzige Situationen (wenn die beiden älteren Herren um die Gunst einer jungen Frau buhlen), meist aber sind die Dialoge eher hölzern. Und die schrägen Figuren, die in diesem Dorf leben, müssen bedeutungsschwer schauen, weil sie ja etwas mit dem Mord zu tun haben könnten.

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Reihe

ORF, ZDF

Mit Fritz Karl, Götz Schubert, Arndt Schwering-Sohnrey, Katharina Thalbach, Marlene Morreis, Robyn Wright, Lochlan O’Mearain, Judith Rosmair

Kamera: Duli Diemannsberger

Szenenbild: Verena Wagner

Kostüm: Maeve Paters

Schnitt: Bettina Staudinger

Musik: Marcel Barsotti

Produktionsfirma: Crazy Film, epo-Film

Drehbuch: Günter Knarr – nach dem Roman „Inspektor Jury spielt Katz und Maus“ von Martha Grimes

Regie: Andi Niessner

Quote: 4,28 Mio. Zuschauer (13% MA)

EA: 10.01.2016 20:15 Uhr | ZDF

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