Anna Klaus will eine gute Mutter und Hausfrau sein. Bis sie eines Tages merkt, dass ihr Mann eine Affäre mit seiner Sekretärin hat. Annas Vater Horst hat es ja gleich gewusst: „dieser Schaumschläger – keine Bildung, keine Kultur“. Spricht’s und ist erst mal weg, Richtung Spanien. Der Mann in den Sechzigern, kulturbeflissen, ein ehemaliger Schuldirektor, will etwas für seinen inneren Frieden tun: Er will auf dem Jakobsweg pilgern. Allein. Doch soll er nein sagen, als sich die verzweifelte Tochter ihm anschließen will?! Und so wandern sie gemeinsam los, sie sucht einen Weg aus ihrem eingefahrenen Leben, er stille Momente der Einkehr – und beide wollen offenbar etwas tun für ihre Beziehung. Doch zunächst muss erst mit einer Lebenslüge zwischen Vater und Tochter aufgeräumt werden.
„Ich trag dich bis ans Ende der Welt“ klingt kitschiger, als der Film über weite Strecken ist. Ohnehin spielt der Titel, der zugleich auch ein Satz dieses luftigen Melodrams ist, auf das Endziel der Reise an: den Ort Finis Terrae. Obwohl die brave Sinnsuche eines desorientierten Hausmütterchens nur bedingt kompatibel ist mit der Spiritualität, die der Vater auf dieser, seiner offenbar letzten Wegstrecke sucht, findet der Autor eine Sprache, die den Figuren entspricht und die weder zu banal neudeutsch noch zu esoterisch ist. „Ich bin auf alles vorbereitet“, sagt der Vater kurz vor der ersten Etappe. Ein Satz, der eine Tatsache ausspricht und doch mehr andeutet, ohne ins Bedeutungsschwere zu kippen. Selbst die Erklärung über den Sinn, den Jakobsweg zu gehen, hält sich im Rahmen: „Es geht um Einkehr, darum, dass man auf dieser Reise auf sich selbst zurückgeworfen ist, sich selber wieder näher kommt.“ Elmar Wepper sagt das, obwohl sein Vater ein ewiger Besserwisser gewesen sein soll, auf eine so beiläufige Art und Weise, mit einem so natürlichen Ausdruck im Gesicht, dass man ihm diesen Drehbuchsatz, der auch ein moderner Schulbuchsatz sein könnte, glauben muss.
Überhaupt ist es dieser Schauspieler, der immer ein wenig im Schatten seines jüngeren Bruders stand, der das Interesse an diesem ARD-Freitagsfilm wachhält. Hausfrauen mögen das anders sehen. Aber schaut man dagegen Ann-Kathrin Kramer, die durchaus knackige, zu ihrer frischen Art passende Sätze sagen darf („Wildes Mädchen, brave Frau – irgendwas ist da schief gegangen?“), in ihr keineswegs unangenehmes Gesicht, sieht man hier so gut wie nichts: fragt sich, ob das mehr mit der Rolle oder der Schauspielerin zu tun hat. Weppers stärkere Präsenz hängt sicher auch damit zusammen, dass ihm das Buch ein Fragezeichen (was hat er? warum geht er den Jakobsweg? ist er krank?) mit auf den Weg gibt.
Wer sich nicht ausmalt, was man aus einer solchen Geschichte hätte alles machen können, wer darüber hinwegsehen kann, dass dieser lange Zeit nur leicht melodramatische Züge tragende Selbstfindungstrip in einigen zu plakativen Bildern gipfelt und wen es nicht stört, dass in Spanien fast nur die Sonne scheint – der könnte sich unterhalten fühlen bei diesem Film. Doch prinzipiell passt – trotz Kerkelings Pilger-Bestseller – die Philosophie um den Jakobsweg wohl doch eher zu einem Drama als zu solch einem gepflegten Rührstück.