Nach einer angeblichen Fehldiagnose muss die junge Klinikärztin Ellen Roth dafür allein die Verantwortung und die Kosten tragen. Die Versicherung zahlt nicht, weil die Ärztin offiziell nicht mehr im Dienst war. Ellen hat die Nase voll von solchen Praktiken, dieser ganzen Krankenhaushektik mit der unverantwortlichen Überbelastung der Ärzte. In einem Kaff, im Umland von Hamburg, will sie als Dorfärztin zur Ruhe kommen. Anfangs bleibt das Sprechzimmer leer. Das ändert sich, als sie einem Bauern hilft, ein Kalb zu holen. Einer ihrer ersten Patienten ist Peter Bertel, der über Schwindelanfälle klagt. Das EKG zeigt keine Auffälligkeiten. Ein Tag später ist der Mann tot. Die nächste Fehldiagnose? Ellen kann es nicht glauben. Und sie kann sich nur wundern, wie es in diesem Dorf zugeht: der Totenschein wurde schlampig ausgefüllt, das EKG ist spurlos verschwunden und eine Obduktion kommt für niemanden in Frage. Sucht Ellen nur verzweifelt Beweise dafür, dass ihr nicht schon wieder ein Fehler unterlaufen ist, oder könnte etwas dran sein an ihrem Misstrauen?!
Foto: ZDF / Christine Schroeder
Maria Simon nimmt in „Herzversagen“ den Zuschauer mit in den inneren und äußeren Kampf einer Ärztin, die endlich wieder selbst an ihre beruflichen Fähigkeiten glauben möchte. Einerseits von Selbstzweifeln geplagt, andererseits von einer unbeirrbaren Zielstrebigkeit im Handeln angetrieben, droht sie, der Großstadtmensch, sich an der verstockten norddeutschen Landbevölkerung, die mehr noch als einen Arzt einen Psychologen nötig hätte, die Zähne auszubeißen. Maria Simon ist die ideale Besetzung. Die Darstellerin der brandenburgischen „Polizeiruf“-Kommissarin besticht durch ihre Mischung aus einer großen Bodenständigkeit und ihrem zugleich leicht entrückten Spiel. Von einer „Mischung aus Schwebewesen und Gegenwärtigkeit“ spricht die Regisseurin Dagmar Hirtz. „Maria Simon besitzt so etwas wie ‚screen personality’, große Sensibilität und im entscheidenden Moment Zähigkeit und Kraft“, betont die Grimme-Preisträgerin. „Sie sollte eine gewisse Fremdheit ausstrahlen, nicht durch ihr Aussehen, sondern durch ihre Aura – so, als gehöre sie nicht in diese Gegend.“
„Herzversagen“ ist ein guter Gebrauchsfilm: klar im Aufbau, geradlinig erzählt, top besetzt, gut gespielt, überzeugend unaufdringlich inszeniert, immer den Ton von Land, Leuten und der unnachgiebigen Hauptfigur treffend, und routiniert geschrieben (inklusive kleiner Drehbuch-„Tricks“, damit die Geschichte einigermaßen logisch weitergehen kann). Die Wahrnehmung wird gelenkt von Maria Simon, ihrer Ellen Roth hängt man als Zuschauer an den Lippen, ihr folgt man und ihr ist man ganz nah. Die Natürlichkeit der Protagonistin dominiert über die Regeln von Dorfkrimi und Familiendrama. Der Film setzt nicht auf Genre-Vorgaben. Dennoch spielt er in der zweiten Hälfte durchaus mit Spannungsmomenten: da macht sich dann schon der eine oder andere verdächtig, es ist immer öfters Nacht in den Szenen und dann bricht die Heldin auch noch ins Bestattungsunternehmen ein. „Herzversagen“ lässt sich gut gucken. Die letzten fünf Minuten machen allerdings einiges kaputt. (Text-Stand: 22.9.2012)