Ein junges Mädchen stirbt in den Armen von Helen Dorn. Todesursache: Crystal Meth. Bei der Festnahme eines Dealers in einem Klub stößt die Ermittlerin auf das verwaiste 17-jährige Heimkind Mila (Tara Fischer). Das Mädchen kümmert sich rührend um seine kleine Schwester Hannah und hat selbst ein hartes Schicksal. Milas Vormund, der fiese Dr. Kurtz (Hary Prinz), der in Drogengeschäfte verwickelt ist, nutzt ihre Abhängigkeit aus, um das junge Mädchen brutal zu missbrauchen. Gemeinsam mit ihrer Freundin Jasmin (Emma Bading) sucht Mila den Anwalt in seiner Kanzlei auf. Es kommt zu einer Auseinandersetzung, die Mädchen schlagen den Mann nieder, nehmen aus dem Tresor Geld und eine Videokamera mit. Auf der hat Dr. Kurtz einen Mord im Drogenmafia-Milieu festgehalten. Es ging um Verteilungskämpfe bei der Nachfolge des im Knast sitzenden schwer kranken Drogenpaten Gogol. Bald muss sich Helen Dorn mit zwei Leichen herumschlagen – denn Dr. Kurtz wurde erstickt, und auch die Leiche des Drogenhändlers wird gefunden. Zudem funkt ihr ständig Frau Behrens vom BKA dazwischen. Um die beiden Schwestern zu beschützen gerät die Dorn zwischen die Fronten der rivalisierenden Verbrecher. Und Mila wird verdächtigt, gemeinsam mit Jasmin den Anwalt ermordet zu haben. Bei einem Erpressungsversuch mit den Filmaufnahmen trifft das Mädchen schließlich auf Gogols Sohn; der ist eine Nummer zu groß.
Der Frust geht weiter: Die Düsseldorfer LKA-Kommissarin hat ja schon viel mit- und durchgemacht in ihren bisherigen sieben Einsätzen. Und auch in „Helen Dorn – Verlorene Mädchen“ ist sie emotional wieder tief im Keller. Eine Reihe von toten Mädchen und der Ärger mit den Vorgesetzten zehrt an ihren Nerven. Auch Papa (Stötzner) kann nicht helfen. Helen ist – und das ist ja seit dem Abgang von Matthias Matschke das Prinzip der Reihe – wieder völlig auf sich allein gestellt. Arbeitete man in den ersten beiden Jahren der Krimireihe mit unterschiedlichen Autoren (Vattrodt, Pomorin, Osburg) und Regisseuren (Geschonneck, Imboden, Grieser), so setzt man seit dem fünften Film auf das feste Duo Mathias Schnelting und Alexander Dierbach. Und seither scheint die Figur der Helen Dorn mehr denn je festgefahren zu sein. Sie hat einfach keine Entwicklung mehr. Unterkühlt, mit bitterer Mine und permanenter schlechter Laune schlägt sie sich mit bösen Buben herum. Das mag für einen gewissen Zeitraum einen Charakter interessant machen, aber das verbraucht sich auch.
Auch wenn Regisseur Dierbach die Handlungsfäden, die Autor Schnelting gesponnen hat, durchaus geschickt zusammenfügt und stringent auf das Finale zusteuert, die Mine der Dorn hellt sich einfach nicht auf. Im Umgang mit den beiden Geschwistern aus dem Heim ist sie zwar weich im Ton, aber auch hier ist die Figur eingehüllt in einen Kokon, mit dem sie sich vor emotionaler Nähe zu schützen versucht. Die berufliche Konstellation, dass die geheimnisvolle Kollegin Behrens vom BKA (Christina Hecke) ihr ständig dazwischenfunkt, hat sich auch schon verbraucht. Es ist nunmehr bereits der dritte Film mit der BKA-Aufseherin. Und auch da findet keine Entwicklung statt, mehr als „und jetzt wollen Sie mir wahrscheinlich das Du anbieten“ gibt es nicht. Das gilt auch für Dorns Vorgesetzten Mattheisen. Daniel Friedrich arbeitet sich an dieser Figur nun auch schon einige Zeit ab. Schauspielerisch setzen in „Helen Dorn – Verlorene Mädchen“ zwei junge Frauen Akzente: Emma Bading, die vor zwei Jahren schon im „Tatort – Das Muli“ für Aufsehen sorgte. Auch hier spielt sie authentisch ein Mädchen ganz unten, das von einem besseren Leben träumt. Das gilt genauso für Tara Fischer, gerade 18, die im vergangenen Jahr in der Komödie „Hilfe! Wir sind offline“ zu sehen war und hier die zentrale Figur der Mila sehr unaufgeregt verkörpert.
„Helen Dorn – Verlorene Mädchen“ ist ein Krimi, der recht gut unterhält, aber einem auch in der aktuellen Form die Grenzen dieser Krimi-Reihe aufzeigt: Das anfangs Besondere an der Figur der Kommissarin hat sich längst abgenutzt. Die strenge, stets beherrschte und introvertiert-verschlossene Dorn, die sich gerne über Regeln hinweg setzt und ihrer Intuition und Menschenkenntnis folgt, sollte endlich wieder einen herausfordernden Gegenpart bekommen, oder einen Geliebten oder eine Geliebte… Hauptsache, es bewegt sich mal was! Für Dorn/Loos wäre das gut. Aber auch für den Zuschauer. (Text-Stand: 17.3.2017)