Vor Jahren hat er die Familie verlassen, jetzt steht Weltenbummler Harry wieder vor der Tür – einen überstandenen Herzinfarkt im Gepäck und deshalb angewiesen auf ein bisschen Pflege. Ob dafür Noch-Ehefrau Katharina und seine älteste Tochter Julia die Richtigen sind?! Schwiegermutter Sophie allerdings wäre begeistert: endlich mal wieder etwas Spaß im Haus! Der Weiberrat, zu dem auch Harrys flippige Lieblingstochter Fritzi gehört, entscheidet, dem angezählten Egomanen Unterschlupf zu gewähren. Auch wenn Harry daran arbeitet, ein (etwas) Anderer zu werden, in einem Punkt ist er ganz der Alte geblieben: zwei linke Hände und in Reichweite stets ein Fettnäpfchen zum Reintreten. „Dieser Mann braucht keine Pflege, dieser Mann braucht einen Katastrophenschutz“, stöhnt seine künftige Ex, die nun die Zeit für reif hält, die Scheidungspapiere zu unterschreiben. Ihr Entschluss: „Harry muss weg.“ Der nimmt es wörtlich – und bekommt den zweiten Herzinfarkt. Und dem folgt die zweite Chance!
„Harry nervt“ beginnt als Komödie mit Ansage, die dennoch Laune macht – ob der Unbedarftheit und Ungeschicklichkeit der Hauptfigur. Kein Sicherungskasten, keine venezianische Vase, kein Treppenlift sind sicher vor ihm. Auch wenn die Gags keine Brüller sind – im Angesicht des deutschen Fernsehens muss man heute schon dankbar sein für solche Spurenelemente von Situationskomik. Günther Maria Halmer ist ein guter Komödiant, dass er und seine weiblichen Kolleginnen Angela Roy, Maria Simon, Claudia Eisinger und Christine Schorn spielend in Ernsthaftigkeit umswitchen können, erleichtert die bruchlose Tonlagenwende in der Mitte des Films. Diese Besetzung ist ohnehin das größte Pfund dieser kleinen romantischen Alltagskomödie, die so ihre Momente hat – aber auch hübsche Dialoge. „Geht es dir denn gut?“, will Harry von seiner Schwiegermutter wissen. Diese bejaht: „Ich lese noch Bücher, ich kann alleine Essen, ich kann alleine gehen, ich mach mir selber die Haare, und solange ich noch mit Katharina streiten kann, geht es mir gut.“ Eine noch ironischere Humortonlage hat Drehbuchautor Mathias Klaschka dem betreuenden Arzt des Helden zugewiesen. „Jetzt ist der Spaß wohl vorbei?“, ahnt Harry. Darauf ein lächelnder Dr. Keller: „Hier, mein Hund Oskar, 14 Jahre alt, also Hasen jagt er nicht mehr, und das Gebiss ist auch nicht mehr so richtig in Ordnung. Die meiste Zeit liegt er auf seiner Decke und riecht ein bisschen streng – aber ansonsten ist er ein sehr glücklicher Hund.“
Dieser Vergleich wird mehrere Male im Film wieder aufgenommen. Am Ende, im Schoße der Familie (um nicht zu sagen: im Schoße der Gattin), ist Harry wieder ganz der Alte: ein männliches Raubtier. Auch wenn diese Struktur der Remarriage Comedy, die ihre Wurzeln in den Hollywood-Komödien der 30er Jahre hat, festgeschrieben ist bis zum Happy End – so ist doch der Mix aus Pointen und ernsthaften Tönen, aus Komödie, Romanze und Selbstfindung so gestaltet, dass zumindest nie Langeweile aufkommt. Erleichternd für den Zuschauer hinzu kommt die Inszenierung, die auch visuell keine Ramafamilienglückseligkeit nahelegt und statt der Degeto-Überbelichtungsästhetik auf satte, kontrastreiche Bilder setzt. Es hat sich (offen)sichtlich gelohnt, dem jungen Serienregisseur Bruno Grass eine Chance zu geben, und ihn mit dem Kamera-Routinier Konstantin Kröning zusammenarbeiten zu lassen.